Wasserstofftankstellen – Bedarf in Schaffhausen?

Mit Datum vom 7. Januar 2020 hat Grossstadtrat René Schmidt eine Interpellation zu den Voraussetzungen für Wasserstoff-Tankstellen in der Stadt Schaffhausen eingereicht.

Der Stadtrat nimmt dazu wie folgt Stellung:

  1. Wie beurteilt der Stadtrat die künftige Entwicklung und das Potenzial der Wasserstoffmobilität?

Die Wasserstofftechnologie bietet grosses Potenzial vor allem für die Bereiche Industrie, Schwerlast- und Schiffsverkehr. In diesen Bereichen besteht die Möglichkeit, dass sich die Wasserstoff-Technologie langfristig durchsetzen kann. Deshalb hat die Schweiz vor kurzem zusammen mit den EU-Staaten einen Appell an die EU-Kommission gerichtet, einen Aktionsplan für die Nutzung von Wasserstoff auszuarbeiten. Die Wertschöpfung dafür soll in Europa geschehen und nicht nur in Asien.
Wasserstoff ist grundsätzlich ein toller Energieträger. Zur Herstellung benötigt man nur Wasser und elektrischen Strom und bei der Nutzung durch Verbrennung oder in einer Brennstoffzelle entsteht als Abfallprodukt wieder Wasser. Im Hinblick auf die Umweltbilanz über die gesamte Prozesskette macht die Anwendung dieser Technologie aber nur Sinn, wenn der Wasserstoff mit erneuerbaren Energien hergestellt wird. Im Moment steckt die Technologie noch in den «Kinderschuhen», weshalb die Gewinnung und das lokale Handling von Wasserstoff noch sehr teuer sind.

Die Brennstoffzellen-Technologie kann einige Vorteile vorweisen. Hierzu gehören die höhere Reichweite, das leichtere Gewicht und das schnellere Betanken im Vergleich zu batteriebetriebenen Fahrzeugen. Demgegenüber steht die Ineffizienz der wasserstoffbetriebenen Fahrzeuge. Diese erreichen über die gesamte Prozesskette nur einen Gesamtwirkungsgrad von knapp 30% bei der Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energien. Ein batteriebetriebenes Fahrzeug erzielt einen Gesamtwirkungsgrad von über 75%. Das heisst, dass für Wasserstoffmobilität pro Kilometer mehr als die dreifache Strommenge notwendig ist. Das ist ein Handicap im Vergleich mit den reinen Elektrofahrzeugen.

Diese Erkenntnisse führen dazu, dass auch grosse Autoproduzenten sich vorderhand auf die Elektromobilität fokussieren und nicht auf den Wasserstoffantrieb. So liegt beim grössten Autokonzern Volkswagen mit seinen Marken VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche, Bentley und Lamborghini, welche für einen Prozent des globalen CO2-Ausstosses verantwortlich ist, der Fokus klar auf der Umstellung der bestehenden Produktepalette zu batterieelektrischen Fahrzeugen. Der Konzern investiert hierfür 33 Mia. Franken. Bis 2029 will er 75 neue Elektromodelle auf den Markt und 26 Miol E-Autos auf die Strasse bringen. Die Wolfsburger bekennen sich dabei klar zur Batterie und distanzieren sich dezidiert von der Brennstoffzelle.[1] Auch Opel wird bis 2024 alle Modelle in elektrifizierten Varianten anbieten.[2]

Am 6. Mai 2020 konnten wir in den Medien folgende Meldung lesen: «Daimler: Aus für Wasserstoff-Autos»[3]. Darin heisst es: «Daimler mit seinen Marken Mercedes-Benz und Smart stellt die Entwicklung von Brennstoffzellen-Technik für seine PW-Sparte ein – zumindest vorläufig. Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb seien aufgrund der schwierigen Marktbedingungen preislich nicht konkurrenzfähig im Vergleich zu batterieelektrischen Fahrzeugen (…). Daimler will jedoch die Entwicklung der Brennstoffzellen-Technik für den LKW-Bereich weiter vorantreiben».

Aus diesen Gründen sieht der Stadtrat das Potenzial der Wasserstoffmobilität derzeit primär in den Nischenbereichen, wie bei dem Gütertransport mit LKW und beim Personentransport mit Bussen, bei denen längere Reichweiten überwunden werden müssen und die Tankzeiten eine wichtige Rolle spielen. Das sieht auch der Automobil-Wissenschafter Ferdinand Dudenhöffer so[4]: «Bei Bussen und Nutzfahrzeugen kann man sich Wasserstoff als Treibstoff gut vorstellen. Bei Personenwagen ist der Brennstoffzellenantrieb mit Wasserstoff zu teuer. Eine Wasserstofftankstelle kostet 1 Million Franken.» Der Förderverein H2 Mobilität Schweiz koordiniert den Ausbau des Wasserstoff-Tankstellennetzes. Sechs Tankstellen sind in Planung und teilweise bereits im Bau.[5]

Auch Ernst Basler und Partner (EBP) kommen in ihrer neusten Studie zu Szenarien der Elektromobilität in der Schweiz – Update 2020 vom 2. März 2020 unter Ziff. 7, S. 10, zu folgendem Schluss: «Die Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge stecken noch in der Pionierphase. (…) Anfang 2020 stehen erst zwei Fahrzeugmodelle zum Vekauf. Im Jahr 2019 sind 25 solcher Personenwagen neu zugelassen worden». Und weiter: «Aufgrund fehlender Skaleneffenkte sind Wasserstoff-Brennstoffzellenfahrzeuge noch sehr teuer. Für diese Fahrzeuge wird es schwierig, den Vorsprung der batterie-elektrischen Fahrzeuge in den nächsten Jahren aufzuholen». Deshalb sehen die Studienautoren auch, dass sich diese Fahrzeuge nur in einigen Nischen durchsetzen werden, aber nur bei einer sehr strengen Klimaschutzpolitik.

SH POWER betreibt seit 2003 an drei verschiedenen Standorten im Versorgungsgebiet Erdgas- bzw. Biogastankstellen. Neben den Fahrzeugen von SH POWER und Privatfahrzeugen werden dort aktuell auch zwei LKW eines Transportunternehmens betankt. Dieser plant zurzeit den weiteren Ausbau seiner Flotte bzw. den Ersatz von Dieselfahrzeugen durch Gasfahrzeuge.

2.    Wie stellt sich der Stadtrat zur Beschaffungsstrategie von Fahrzeugen mit Antrieben erneuerbarer Energie bzw. Wasserstoff?

Die Stadt Schaffhausen und SH POWER setzen sich seit Jahren für eine umweltschonende Mobilität ein und die Beschaffungsstrategie für Fahrzeuge ist dementsprechend formuliert. Seit 2003 wurden bei SH POWER weitestgehend CO2-neutrale gasbetriebene Fahrzeuge beschafft. Neben der Gasmobilität fördert SH POWER seit 2017 vermehrt die Elektromobilität und baut selber öffentliche Elektroladestationen. Zudem werden Planer, Unternehmer sowie Hausbesitzer beim Bau privater Lademöglichkeiten unterstützt. Vor jeder Fahrzeugbeschaffung wird ein Anforderungsprofil erstellt und eine umweltfreundliche Antriebstechnik wird stets bevorzugt (Rangliste: 1. Elektro, 2. Gas und 3. Benzin/Diesel). Auch die Stadtverwaltung hat als Ziel ihre Fahrzeugflotte zu ökologisieren und Elektro-Fahrzeuge sind bereits in verschiedenen Bereichen im Einsatz. Die Elektrifizierung der städtischen Dienstfahrzeuge bildet auch Bestandteil des Konzepts Elektromobilität, das zur Zeit in Erarbeitung ist und über das der Grosse Stadtrat noch dieses Jahr orientiert wird.

Die stadteigenen Verkehrsbetriebe VBSH haben sich ebenfalls für eine Elektroantriebsstrategie mit Batteriespeicher und Schnellladesystem entschieden. Hier ist der Aspekt der lokalen Produktion von Ökostrom im Wasserkraftwerk der KWS AG mit der unmittelbaren räumlichen Anbindung an die zukünftige Ladeinfrastruktur am Bahnhofplatz ein wesentlicher Vorteil gegenüber einer Lösung mit Wasserstoffantrieb. Dies haben Abklärungen für das Projekt ergeben. Dabei wurde festgestellt, dass die Wasserstofftechnologie bei Langstreckenfahrten (grosse Reichweite) und unplanbaren Routen im Vorteil ist. Im öffentlichen Nahverkehr sind die Routen hingegen kurz und planbar (Fahrplan). Zudem weist der Wasserstoffbus einen schlechteren Wirkungsgrad auf und der Umgang mit dem hochexplosiven Wasserstoff ist ein Problem, weshalb E-Busse die sinnvollere Lösung für Schaffhausen sind.

3.    Ist der Stadtrat bereit bei der Suche nach einem Standort für eine Wasserstoff-Tankstelle Hilfe anzubieten, um damit die Chance der Realisierung einer H2-Tankstelle zu erhöhen?

Da die Stadt Schaffhausen ein bedeutender Logistikstandort und nach Basel die zweitgrösste Übertrittszone zu Deutschland ist, wird langfristig mit einem Bedarf nach Wasserstofftankstellen für den Fernverkehr zu rechnen sein. Zur Zeit sieht der Stadtrat keinen unmittelbaren Bedarf, steht dem Transformationsprozess im Mobilitätssektor jedoch technologieoffen gegenüber. Es ist davon auszugehen, dass neben dem batterieelektrischen Antrieb auch andere Konzepte wie die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie einen wesentlichen Beitrag an eine umweltschonendere Mobilität leisten werden. Die aktuelle Versorgung mit Wasserstoff ist im Umfeld von Schaffhausen in Hunzenschwil (85km), Dübendorf / Dietlikon (47km), Geisingen (D, 50km) möglich. Bei einem nachgewiesenen Bedarf nach einer Wasserstofftankstelle in Schaffhausen sind der Stadtrat und SH POWER gerne bereit, im Rahmen der städtischen Zuständigkeitsbereiche Hilfestellungen bei der Suche möglicher Standorte sowie bei der Realisierung der notwendigen Infrastruktur zu leisten. Dabei wird sich dann auch die Frage des Einbezugs weiterer Player wie des Fördervereins H2-Mobilität Schweiz[6] stellen.


[1] Tages-Anzeiger vom 19.03.2020, S. 31

[2] Tages-Anzeiger vom 16.04.2020, S. 27

[3] Schaffhauser Nachrichten vom 07.05.2020, S. 12

[4] Schaffhauser Nachrichten vom 05.03.2020, S. 8

[5] Auto Umweltliste des VCS vom März 2020, S. 12

[6] https://h2mobilitaet.ch/

Dreikampf um einen Sitz zwischen SP, FDP und SVP

Radio SRF-Beitrag vom 24.06.2020

Sozial- und Sicherheitsreferent Simon Stocker von der Alternativen Liste hatte nach zwei Amtsperioden genug. Er verzichtet bei den Schaffhauser Gesamterneuerungswahlen auf eine erneute Kandidatur. Die übrigen vier Bisherigen treten hingegen wieder an:

  • Peter Neukomm (SP), Stadtpräsident, seit 2009 im Amt
  • Raphaël Rohner (FDP), Kultur- und Schulreferent, seit 2013 im Amt
  • Daniel Preisig (SVP), Finanzreferent, seit 2015 im Amt
  • Katrin Bernath (GLP), Baureferentin, seit 2017 im Amt

Die Chancen der vier Bisherigen auf eine Wiederwahl stehen gut. Ihre Bilanz der letzten vier Jahre darf sich durchaus sehen lassen. Gewichtige Vorlagen, wie etwa die Umstellung der Busflotte auf Elektrobetrieb und die Sanierung des Stadthausgevierts, fanden eine Mehrheit beim Volk. Grosse Infrastrukturprojekte, so etwa die Erneuerung des Hallenbades KSS, der Neubau des Schulhauses Kreuzgut oder der Bau der Velobrücke Duraduct, sind zumindest aufgegleist.

Trotz Steuersenkungen von fünf Prozentpunkten in den letzten fünf Jahren steht die Stadt Schaffhausen heute finanziell so gut da wie noch nie.

Angriff auf die links-grüne Mehrheit

Geht man davon aus, dass alle vier Bisherigen ein ähnlich gutes Resultat machen wie bei der letzten Wahl 2016, wird es am 30. August um Stockers Sitz gehen. Die AL selbst hat aus Personalmangel darauf verzichtet, diesen zu verteidigen. Sie unterstützt die SP-Kandidatin Christine Thommen, die Präsidentin der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde im Kanton Schaffhausen.

FDP und SVP wollen aber ihrerseits die links-grüne Mehrheit im Stadthaus kippen und ihrerseits je einen zweiten Sitz erobern. Die FDP schickt Stadtparlamentarier und Schuhmacher Diego Faccani ins Rennen. Die SVP versucht es mit Stadtparlamentarier und Bankfachmann Michael Mundt.

Munot von Klimaaktivisten rot angeleuchtet

Interview mit Radio Munot vom 17.06.2020

Gemeinsames Ziel: Altstadt mit Charme

Gewaltenteilung nicht aushebeln

Ausgangslage:

Der Motion von Grossstadtrat Mariano Fioretti liegt eine längere Vorgeschichte zugrunde. Nachdem das Ausführungsprojekt «Buchthalerstrasse, Teil Bruderhöflistrasse bis Endbushaltestelle» im Amtsblatt Nr. 10 vom 8. März 2019 publiziert und vom 8. März 2019 bis 8. April 2019 öffentlich aufgelegt worden war, erhoben verschiedene Privatpersonen dagegen Einsprachen. Diese betrafen diverse Aspekte des Projekts, darunter die Verbreiterung des Trottoirs um 50 cm, aber auch die Aufhebung der Busnischen und die damit einhergehende beidseitige Verlegung des Bushaltestelle «Post Buchthalen» auf die Fahrbahn.


Mit Beschluss vom 2. Juli 2019 hat der Stadtrat in teilweiser Gutheissung der Einsprachen auf die Verbreiterung des Trottoirs verzichtet, an der Verlegung der Bushaltestelle jedoch festgehalten. Die Einsprecher haben auf einen Weiterzug der Einsprache an den Regierungsrat verzichtet. Das Ausführungsprojekt ist damit in Rechtskraft erwachsen.

Die Grundlagen für diesen Entscheid sowie die Erwägungen, die zu diesem Kompromiss geführt haben, sind in der Antwort des Stadtrates vom 2. Juli 2019 zur von Stephan Schlatter eingereichten Kleinen Anfrage bezüglich Sanierung der Buchthalerstrasse festgehalten.

Bereits am 29. April 2019, also während des laufenden Einspracheverfahrens gegen das Ausführungsprojekt, reichte der Motionär einen parlamentarischen Vorstoss ein. Mit dem Postulat «Schluss mit der Verlegung von Bushaltestellen aus Nischen auf die Fahrbahn» (10/2019) lud Mariano Fioretti den Stadtrat ein «zu prüfen, wie Bushaltestellen in Nischen statt auf den Fahrbahnen erhalten bzw. erstellt werden können, damit der Verkehr möglichst ungehindert fliessen kann».

Das genannte Postulat wurde vom Grossen Stadtrat am 3. September 2019 erheblich erklärt und mit 16:15 Stimmen an den Stadtrat überwiesen.

Der Stadtrat hat in seiner Stellungnahme zum Postulat ausführlich dargelegt, nach welchen rechtlichen Grundlagen der hindernisfreie Ausbau von Bushaltestellen erfolgt.

Nach der Überweisung des Postulats hat die Baureferentin am 17. September 2019 im Grossen Stadtrat festgehalten, wie der vom Parlament erteilte Auftrag umgesetzt wird.

Am 30. September 2019 wurde die Volksmotion «Erhalt der Busnischen Post Buchthalen» mit 233 gültigen Unterschriften eingereicht, welche eine Überarbeitung der Pläne zur Sanierung der Buchthalerstrasse mit dem Ziel des Erhalts der Busnischen bei der Haltestelle Post Buchthalen forderte.

Die Volksmotion wurde am 17. Dezember 2019 mangels Zuständigkeit des Grossen Stadtrats für ungültig erklärt, worauf Grossstadtrat Mariano Fioretti die nun vorliegende Motion eingereicht hat.

Zur Motion im einzelnen:

Obschon dies in Art. 41 Abs. 1 des kantonalen Strassengesetzes (StrG; SHR 725.100) nicht explizit erwähnt wird, liegt die Aufstellung von Ausführungsprojekten für Gemeindestrassen und Kantonsstrassen im Eigentum der Gemeinde seit jeher in der Zuständigkeit des Stadtrats, was – soweit ersichtlich – politisch bisher nie Anlass zu Diskussionen gegeben hat.

Es entspricht auch der in anderen Bereichen üblichen Aufgabenteilung, dass der Stadtrat für die Umsetzung von Einzelvorhaben zuständig ist (vgl. Art. 42 Stadtverfassung), während der Grosse Stadtrat durch allgemeinverbindliche Erlasse (Verordnungen) generell-abstrakte Normen festsetzen kann (vgl. Art. 25 Stadtverfassung).

In vielen Fällen ist die Mitwirkung des Grossen Stadtrats und der Stimmberechtigten aber auch für Einzelvorhaben vorgesehen, nämlich insbesondere dann, wenn zu diesem Zweck neue Ausgaben bewilligt werden müssen, welche die stadträtlichen Ausgabekompetenzen überschreiten.

Der Motionär schlägt nun vor, diese bewährte Aufgabenteilung aus aktuellem Anlass in einem einzigen, eng umgrenzten Themengebiet neu zu regeln. Für den Stadtrat besteht hierzu jedoch keinerlei Anlass, zumal das ein gravierender Eingriff in die Gewaltenteilung darstellen würde.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Aufstellung von (Strassenbau-)Ausführungsprojekten nicht um einen politischen, sondern um einen Verwaltungsakt handelt. Entsprechend weist das Strassengesetz diese Aufgabe auf kantonaler Ebene dem Baudepartement zu (Art. 40 Abs. 1 StrG).

Im Gegensatz zur Stadt, wo die oberste Exekutivbehörde für solche Angelegenheiten zuständig ist, liegt die Ausführung von Einzelbauprojekten im Bereich der Kantonsstrassen grundsätzlich in der Zuständigkeit einer untergeordneten Verwaltungseinheit. Der Regierungsrat kommt indes bloss bei besonderen Projekten zum Zug. Demgegenüber sieht das Strassengesetz in keiner Art und Weise den Einbezug des Kantonsrats bei Einzelvorhaben im Bereich von Kantonsstrassen vor, da dies weder den Wesensmerkmalen von Ausführungsprojekten entspricht, noch verfahrenstechnisch sinnvoll ist.

Es sind keinerlei sachliche Gründe ersichtlich, warum auf städtischer Ebene von der kantonalen Regelung abgewichen werden sollte. Dass es sich bei den Ausführungsprojekten um individuelle Verwaltungsakte handelt, ergibt sich auch daraus, dass gegen entsprechende Beschlüsse eine Einsprachemöglichkeit mit anschliessendem Instanzenzug nach Art. 44 StrG und nicht etwa eine Referendumsmöglichkeit offen steht. Eine solche Ausgestaltung des Rechtsschutzes leuchtet ein, betreffen doch Ausführungsprojekte in der Regel bloss die Interessen eines begrenzten Personenkreises, welche in einer politischen Auseinandersetzung nur ungenügend berücksichtigt werden können. So wäre es etwa ohne weiteres möglich, berechtigte Interessen einer Minderheit durch einen politischen Mehrheitsbeschluss zu übergehen, obwohl die überwältigende Mehrheit der Abstimmenden kaum betroffen wäre. Dem Erfordernis der Einzelfallgerechtigkeit tragen der verwaltungsinterne und anschliessend der verwaltungsgerichtliche Rechtsmittelweg viel besser Rechnung. Betrifft ein Ausführungsprojekt hingegen grundsätzlich alle Stimmberechtigten, was namentlich grossen Bauten und Anlagen, die mit hohen neuen Ausgaben verbunden sein können, der Fall ist, sind die entsprechenden Mitsprachemöglichkeiten bereits heute gewährleistet. Darüber hinaus ist es keinesfalls so, dass die unmittelbar Betroffenen keine Möglichkeiten hätten, bereits heute gegen Ausführungsprojekte für Gemeindestrassen vorzugehen. Im Rahmen eines Einsprache- oder auch anschliessenden Rechtsmittelverfahrens besteht die Möglichkeit, sämtliche Aspekte eines Ausführungsprojekts im Detail zu beleuchten und durch eine verwaltungsinterne oder unabhängige Gerichtsinstanz überprüfen zu lassen. Ein solches Verfahren ist zweifelsohne besser auf die in Frage stehenden Interessen und deren Wahrung zugeschnitten als die Zustimmung durch den Grossen Stadtrat.

Bei der Ausgestaltung von Haltekanten und Busnischen sind die bundesrechtlichen Vorgaben zu beachten. So schreibt etwa Art. 22 Abs. 1 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BehiG; SR 151.3) vor, dass bestehende Bauten und Anlagen sowie Fahrzeuge des öffentlichen Verkehrs bis spätestens 1. Januar 2024 behindertengerecht sein müssen. Daneben sind auch die Bestimmungen der Behindertengleichstellungsverordnung (BehiV; SR 151.31) und der Verordnung über die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs (VböV; SR 151.34) massgebend.

Bei der Aufstellung von Ausführungsprojekten in Zusammenhang mit Busnischen stehen die rechtlichen und fachlichen Aspekte im Vordergrund und nicht politische Komponenten. In diesem Lichte ist es nicht sachgerecht und entspricht nicht dem Prinzip der Gewaltenteilung, einen solchen Entscheid abschliessend dem Grossen Stadtrat zu überlassen.

Die städtische Verwaltung verfügt zweifelsohne über das nötige Fachwissen und die erforderliche Erfahrung, um die notwendigen Entscheide zu treffen und die Ausführungsprojekte im Einklang mit den bundesrechtlichen Vorgaben auszugestalten. Demgegenüber ist der Grosse Stadtrat weder fachlich noch formell das geeignete Gremium für solche Entscheide.

Angesichts dieser Tatsachen liegt es auf der Hand, dass mit dem Anliegen der Motion erhebliche verfahrensrechtliche Schwierigkeiten verbunden sind, die eine Umsetzung des Vorstosses wesentlich erschweren, wenn nicht gar faktisch verunmöglichen. So ist insbesondere unklar, wie das Einspracheverfahren mit dem parlamentarischen Verfahren koordiniert werden könnte. Es handelt sich hierbei zwar um keine unlösbare Aufgabe, doch würde die Realisierung von Ausführungsprojekten komplizierter, langwieriger und teurer. Unter Umständen müsste gar der Grosse Stadtrat als Einspracheinstanz fungieren, was kaum zweckmässig sein dürfte.

Hinzu kommt, dass der Motionär eine rückwirkende Genehmigungspflicht durch den Grossen Stadt ab Einreichung der Motion fordert, was rechtlich nicht geht und auch nicht praktikabel ist. Zunächst gilt es darauf hinzuweisen, dass auch die rückwirkende Genehmigungspflicht den Stein des Anstosses, sprich die Aufhebung der Busnische bei der Buchthaler Post, nicht mehr aus der Welt schaffen könnte, da dieses Ausführungsprojekt bereits vor der Einreichung der Motion in Rechtskraft erwachsen ist. Rückwirkende Erlasse sind sehr heikel, weil sie im Widerspruch zum Gebot der Rechtssicherheit stehen, aber auch gegen das in Art.9 BV statuierte Vertrauensschutzprinzip und das Gebot der Rechtsgleichheit (Art.8 BV) verstossen.

Vor dem Hintergrund, dass die mit der Motion bezweckte Genehmigungspflicht durch den Grossen Stadtrat aller Voraussicht nach einer Verfassungsänderung bedürfte, diese wiederum nur mit Zustimmung des Volkes möglich ist und unter Berücksichtigung der verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten bei der Verwirklichung des Motionsanliegens, kann davon ausgegangen werden, dass eine Umsetzung der Motion lange dauern würde.

Dass es Ziel des Stadtrats sei, den Verkehr zum Erliegen zu bringen, wie dies der Motionär behauptet, ist falsch und entspricht einer böswilligen Unterstellung. Er scheint davon auszugehen, dass das Anhalten eines Busses regelmässig zu langen Staus führe, was schlicht nicht der Fall ist. So ist die durchschnittliche Haltezeit eines Busses an einer Bushaltestelle etwa signifikant kürzer als die durchschnittliche Wartezeit an einem Lichtsignal. Zu einem Stau kann es ausserdem nur dann kommen, wenn sich unmittelbar vor dem Halt mehrere Autos hinter dem Bus befinden. Zudem verkennt der Motionär, dass durch die Sanierung der Buchthalerstrasse gerade auch die Situation für Autofahrerinnen und Autofahrer verbessert werden soll. Weiter sind selbstredend auch Busse ein Teil des Strassenverkehrs. Offensichtlich werden diese durch die nun geplante Massnahme aber nicht behindert. Von einer Verkehrsschikane bzw. einem vorsätzlich die Autofahrerinnen und Autofahrer schädigenden Haltung kann somit keine Rede sein.

Fazit:

Aus den Ihnen nun erläuterten Gründen erachtet der Stadtrat die beantragte Kompetenzverschiebung von Stadtrat zum Grossem Stadtrat in einem konkreten Spezialfall, wo es um Busnischen geht und dann noch mit Rückwirkung für Ausführungsprojekte, die schon in Rechtskraft erwachsen sind, als rechtlich kaum umsetzbar.

Eine solche Kompetenzverlagerung erscheint aus verfahrensrechtlicher Sicht wie vom fachlichen Standpunkt aus als unsinnig.

Ferner rechtfertigt es sich unter keinen Umständen, gestützt auf einen Einzelfall die Gewaltenteilung zu durchbrechen und die Kompetenzen von Exekutive und Legislative in unsachgemässer Art und Weise zu verstricken resp. zu vermischen.

Der Stadtrat beantragt Ihnen daher mit Nachdruck, die Motion nicht erheblich zu erklären.