Häusliche Gewalt ist keine Privatsache

Zuerst bedanke ich mich ganz herzlich für die freundliche Einladung und gratuliere dem Zonta Club – auch im Namen der Stadt – ganz herzlich zum grossen Jubiläum.
Nach Ihrer Einladung habe ich mich zuerst über Ihren Club etwas schlau gemacht. Ich habe gelernt, dass sich dieses internationale Netzwerk berufstätiger Frauen weltweit für die Rechte der Frauen einsetzt und für ein Leben ohne Gewalt gegen Mädchen und Frauen.
Aus diesen Zielen heraus ist offenbar die Motivation entstanden, aus Anlass des 100jährigen Jubiläums des Zonta Club International, die sehr eindrückliche und nachdenklich stimmende Ausstellung «Willkommen Zu Hause» nach Schaffhausen zu holen, wofür ich Ihnen auch im Namen des Stadtrats danke.

Als ich vor bald einem Jahr von Sabine Dubach und Regine Frey angefragt worden bin, ob ich bei der Vernissage dieser Ausstellung ein Grusswort der Stadtregierung überbringen würde, habe ich sehr gerne zugesagt.
Denn bevor ich vor gut 10 Jahren in die Stadtregierung gewählt worden bin, bin ich ja über 20 Jahre lang als Untersuchungsrichter und Staatsanwalt in der kantonalen Strafverfolgung tätig gewesen. Eines meiner Spezialgebiete waren Delikte an Kindern. Darum war ich mehrere Jahre lang Mitglied der Kinderschutzgruppe SH. Ich bringe für das Thema «häusliche Gewalt» also gewisse Erfahrungen mit.

Als ich Anfang der 90-er Jahre als Untersuchungsrichter meine berufliche Laufbahn gestartete habe, galten häusliche Gewalt, inkl. Vergewaltigung und sexuelle Nötigung noch als Privatsache und damit auch als Antragsdelikt. Entsprechend zurückhaltend verhielten sich Polizei und Untersuchungsbehörden bei der Verfolgung solcher Übergriffe. Sie wurden nur strafrechtlich verfolgt, wenn das Opfer einen formellen Strafantrag gestellt hatte – auch wenn die Strafverfolgungsbehörden bereits davon Kenntnis hatten.
Erste gesetzliche Verbesserung gab es dann am 1.1.1993 mit dem neuen Opferhilfegesetz. Bis dahin hat sich der Staat wenig um Opfer von Straftaten gekümmert.
Die grosse Änderung bei der Strafverfolgung kam ab 01.04.2004, als Übergriffe in der Ehe endlich zu Offizialdelikten wurden. Entsprechend musste in der Folge auch die polizeiliche Einsatzdoktrin angepasst werden.

Leider heisst das natürlich noch lange nicht, dass alle Delikte auch ans Licht kommen. Geblieben sind die Probleme beim Nachweis solcher Delikte, da sie sich meistens im privaten Raum ohne Zeugen abspielen, also im Verfahren meistens Aussage gegen Aussage steht. Geblieben ist auch das Problem, dass Frauen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit, wegen den Kindern oder bei Ausländerinnen wegen der Gefahr, nach einer Trennung ihren Aufenthaltsstaus zu verlieren, im Verfahren immer wieder zurückrudern und zu ihrem Peiniger zurückkehren.
Mit der Änderung des Strafgesetzbuches vom 1. April 2004 wurde auch die Bestimmung zur «Einstellung des Verfahrens» eingeführt. Dies deshalb, weil befürchtet wurde, dass eine ausnahmslose Verfolgung von Straftaten im Bereich häuslicher Gewalt in gewissen Fällen die legitimen Interessen der Opfer gefährden könnten. Deshalb kann das Verfahren bei gewissen Delikten sistiert – und sofern nicht innerhalb von 6 Monaten ein Widerruf erfolgt – eingestellt werden.
Die Verfahrenseinstellung ist also heute primär vom Opferwillen abhängig.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Mehrheit der Verfahren (ca. 60-80%) nach wie vor eingestellt werden.
Der Bundesrat möchte, dass solche Strafverfahren in Zukunft weniger häufig sistiert werden. Er schlägt deshalb vor, dass der Entscheid über die Fortführung eines Strafverfahrens nicht mehr nur vom Willen des Opfers abhängig ist. Der Ermessensspielraum der Strafverfolgungsbehörden bei der Sistierung und Einstellung der Strafverfahren soll vergrössert werden.
2013 schliesslich ist der strafrechtliche Schutz von Frauen und Kindern weiter ausgebaut worden. So kann zum Schutz konkreter Opfer insbesondere vor häuslicher Gewalt und Stalking ein Kontakt- und Rayonverbot gegen den Täter ausgesprochen werden.
Und aufgrund der Änderung des Strafgesetzbuches vom 26. Sept. 2014 können Opfer und ihre Angehörigen auf Gesuch hin detaillierte Auskunft über Strafvollzug, Entlassung oder Flucht des Täters verlangen.
Sie sehen, auch das Strafrecht hat sich den gesellschaftlichen Veränderungen angepasst, aber immer etwas verzögert.

«Willkommen zu Hause» – so lautet der Titel der heute eröffneten Ausstellung. «Willkommen zu Hause» löst bei mir persönlich ein gutes Gefühl der Geborgenheit aus. Zuhause ist da, wo meine Liebsten sind, wo ich mich sicher und verstanden fühle und wo ich sein kann, wie ich bin.
Leider gibt es viele Menschen, bei denen das «Dihei» etwas ganz anderes bedeutet: Psychische und physische Übergriffe in der Paarbeziehung und – noch schlimmer – an Kindern sind leider aktueller denn je.
Die Ausstellung macht diese Gewalt in den eigenen vier Wänden öffentlich und zwingt den Besucher hinzuschauen! Sie zeigt aber auch Wege aus der Gewalt auf, indem sie über die geltende Rechtslage und das lokale Hilfsangebot informiert.
18’522 in der Schweiz registrierte Straftaten im vergangenen Jahr bedeuten einen bedenklichen Höchststand und die grosse Dunkelziffer ist da noch nicht enthalten. Im Durchschnitt jede Woche wird eine Person Opfer eines Tötungsversuchs. Letztes Jahr starben 27 Personen.
Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt verursachen also grosses Leid.
Darum will der Bundesrat die Massnahmen dagegen weiter verstärken.
Aufgrund der Verordnung zur Umsetzung der Istanbul-Konvention – dem Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt – das am 01.04.2018 in Kraft getreten ist, soll im Budget 2021 ein Finanzhilfekredit über 3 Mio. Franken bewilligt werden. Es geht dabei um Informations- und Sensibilisierungskampagnen, Bildungsmassnahmen für Fachpersonen und um Präventionsprojekte. 
Dass das Thema nach wie vor zu wenig ernst genommen wird – auch in der Politik, zeigte die Budget-Debatte im Kantonsrat vom 18. November anschaulich: Das kantonale Parlament hat sich schwergetan mit dem Antrag der Regierung auf Bereitstellung von Fr. 150’000, verteilt auf drei Jahre, für die dringend nötigten personellen Ressourcen zur Schaffung einer strategischen Koordinationsstelle u.a. zur Umsetzung der Istanbul-Konvention.
Die vorberatende Kommission des Kantonsrats hatte beantragt, diese Stelle nicht zu bewilligen. Und die Diskussion über das wichtige Thema wurde im Ratsplenum mittels eines Ordnungsantrag abgeklemmt. Zum Glück gelang es dann doch noch eine Mehrheit der Vernunft zu schmieden, um dem Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen. Der Rat hat den Kredit mit 37:19 Stimmen bewilligt.
Dieses Beispiel zeigt aber, dass die Einsicht in die Notwendigkeit, zum Schutz von Frauen und Kindern mehr unternehmen zu müssen als bisher, in unserem Land noch nicht sehr ausgeprägt ist.
Gerade darum ist es wichtig, dass auch im Kanton SH die Öffentlichkeit weiter sensibilisiert wird.
Und da ist ja in den letzten Tagen einiges gelaufen: Am 20.11.2019 wurde weltweit der Tag der Kinderrechte begangen und ich habe mich gefreut, dass es am 25.11., am internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, sogar möglich war, den Rheinfall orange einzufärben und dass viele Frauen für dieses Thema auch in Schaffhausen auf die Strasse gegangen sind. Dazu gehörten auch Vertreterinnen des Zonta Clubs.
Neben dieser Ausstellung, die bis am 11. Dezember dauert, beschäftigt sich auch eine Ausstellung mit dem Titel «…mitten drin die Kinder» vom 4. Dezember 2019 mit dem Thema Gewalt in der Familie. Da stellt die Kinderschutzgruppe Schaffhausen ihr Angebot für Personen vor, welche im Alltag eng mit Kindern zusammenarbeiten.
Zum Schluss danke ich dem Club Zonta Schaffhausen ganz herzlich für Ihre Initiative, diese interessante Ausstellung nach Schaffhausen zu holen.
Sie leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung und Bewusstseinsbildung bei einem wichtigen Thema. Nur dank solcher Sensibilisierungsarbeit und der Hartnäckigkeit im politischen Diskurs wird sich zugunsten der Betroffenen in Zukunft etwas zu verbessern.
Ich wünsche Ihnen, liebe Gäste, viele spannende Eindrücke bei der Besichtigung der Ausstellung und dem Zonta Club natürlich viele interessierte Besucherinnen und Besucher und uns allen spürbare Fortschritte im Kampf gegen die häusliche Gewalt.

Strafverfolgung nicht schwächen

Ich bin sehr enttäuscht über das Vorgehen der GPK und deren Anträge.
Sie hat offenbar nichts gelernt aus dem Debakel bei der Budgetberatung vom letzten Jahr. Erneut werden Stellenanträge des Regierungsrats ohne vertiefte Auseinandersetzung mit den Gründen verworfen.
Völlig unverständlich sind die Gegenanträge zur Umwandlung der befristeten Stellen bei der Staatsanwaltschaft in unbefristet Stellen. Aufgrund des massiven Anstiegs der Eingänge von 50% und den hohen Pendenzenzahlen ist klar, dass wir es bei der Geschäftslast der Staatsanwaltschaft nicht mehr mit einem vorübergehenden Phänomen zu tun haben. Hauptverantwortlich für den gestiegenen Aufwand in der Strafverfolgung ist die schweizerische Strafprozessordnung, die nun 8 Jahre in Kraft ist. Diese Auswirkungen sind in allen Kantonen festzustellen. Da sind wir in bester Gesellschaft.
Zu hoffen, dass das wieder einmal anders wird, bleibt eine Illusion.
Darum müssen wir jetzt handeln und wie beantragt, die ao. Stellen in ein ordentliches Regime überführen.
Alles andere wäre grobfahrlässig, denn weil die ao. Stellen befristet sind, springen uns – nach aufwändiger Einarbeitung – immer wieder junge Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ab, wenn sie in anderen Kantonen Festanstellungen finden.
Dadurch kommt es bei einem Stellenwechsel jeweils bei ca. 80 – 100 Fällen amtsintern zu Handwechseln und damit zu unnötigen Verzögerungen, weil sich immer wieder neue Personen einarbeiten müssen. Die GPK verkennt mit ihren Anträgen diese Problematik und auch die Dramatik der Situation.
Wie die Justizkommission will auch die SP-/Juso-Fraktion keine Schwächung der Strafverfolgung in unserem Kanton. Da würden wir Leuten eine Freude bereiten, denen wir uns nicht verpflichtet fühlen. Darum stellen wir uns mit Überzeugung hinter die Anträge der Regierung.
Als Mitglied der Justizkommission frage ich mich zudem ernsthaft, wozu wir überhaupt noch das Budget der Justiz einlässlich vorberaten, wenn die GPK diese Vorarbeit ohne Rücksprache und nachvollziehbare Begründung einfach übersteuert. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Justizkommission das nicht akzeptiert und darum heute explizit den Gegenantrag der Regierung unterstützt.

Löhne des öffentlichen Personals sind nicht mehr konkurrenzfähig

Die GPK zeigt leider wenig Verständnis für die grosse Herausforderung, welche sich beim Personal für die öffentliche Hand im Kanton stellen – und jetzt spreche ich auch als politisch Verantwortlicher für das Personal in der Stadt, für welche dasselbe Personalrecht gilt und sich die genau gleichen Herausforderungen stellen: Für die Umsetzung der vielfältigen Aufgaben zugunsten der Öffentlichkeit sind Kanton und Stadt auf engagierte, gut qualifizierte Mitarbeitende angewiesen. Da sind wir uns ja hoffentlich einig.
Um diese für sich zu gewinnen und zu halten, bedarf er konkurrenzfähiger Arbeitsbedingungen. Dazu gehört auch ein – im Vergleich zu anderen öffentlichen Arbeitgebern oder ähnlichen Institutionen – marktgerechtes und leistungsbezogenes Gehalt. Damit Leistungen honoriert werden können und sich insbesondere jüngere Mitarbeitende mit guter Leistung entwickeln können, muss das Lohnsystem mit genügend Mitteln gefüttert werden.
Art. 19 Abs. 2 besagt darum u.a.: «Für Leistungslohnanteile sind angemessene Mittel vorzusehen».
Die Mittel, die der Kantonsrat im Rahmen des Budgets in den letzten Jahren jeweils vorgesehen hat, waren leider nicht angemessen. Und dies, obwohl die Regierung immer wieder darauf hingewiesen hat, dass wir in ein grosses Problem schlittern, wenn wir die strukturellen, hohen Lohnrückstände gegenüber unseren Nachbarkantonen nicht reduzieren.
Dieser Rückstand wirkt sich vor allem bei den unter 49jährigen MA negativ aus. Das hat der RR schon mit seiner Vorlage zur Revision von Art. 19 PG vom 06.09.2016 über Lohnvergleiche der Perinova belegt. Die Situation hat sich seither nicht verbessert. Die heutigen Grafiken der Finanzdirektorin haben das nochmals eindrücklich bestätigt.
Wenn der GPK-Präsident heute sagt, er könne die Differenzen zu anderen öffentlichen Arbeitgebern konkret nicht nachvollziehen, weiss ich ehrlich gesagt nicht mehr, was es noch braucht…
Es ist klar erwiesen, dass es eine Korrektur braucht und eben nicht nur bei den Polizisten, Lehrern und beim Gesundheitspersonal. Die Finanzdirektorin hat das bestätigt und darauf hingewiesen, dass wir aufpassen müssen, einzelne Berufsgruppen gegeneinander auszuspielen. Das begeben wir uns auch rechtlich aufs Glatteis.
Jetzt sieht sich der Kanton mit einem grossen finanziellen Überschuss in der Erfolgsrechnung konfrontiert.
Wann, wenn nicht heute, ist der richtige Zeitpunkt, hier einen Schritt zu unternehmen. Der Regierungsrat hat dies mit seinem Antrag von 2.75% Lohnsummenentwicklung löblicherweise gemacht.
Die GPK macht nun wieder einen Schritt zurück. Damit belegt sie, dass sie die Problematik nicht versteht oder nicht verstehen will.
Das zeigt sich auch in ihrer Begründung auf S. 5 ihres Berichts vom 01.11.2019, wo sie schreibt:
«Der von der Regierung beantragte Lösungsweg einer Lohnerhöhung (recte: Lohnsummenerhöhung) von 2.75% betrachtet die Mehrheit der GPK jedoch nicht als zielführend, da die Lohnsummenerhöhung so auf alle MA verteilt werden muss (…)».
Wenn ich das lese, bin ich schon etwas erschüttert und frage ich mich, ob die Mehrheit der GPK eine Einführung ins geltende Lohnrecht braucht. Es ist vorgesehen, die Lohnsummenentwicklung individuell, also leistungsbedingt gemäss Art. 19 Abs. 3 zu verteilen und damit eben nicht an alle, sondern nur an diejenigen MA, die eine entsprechende Qualifikation haben. Von einer generellen Erhöhung war noch gar nie die Rede.
Und damit komme ich zur unzutreffenden Behauptung, es seien nur die Lehrer, Polizisten und Gesundheitsberufe, bei denen Handlungsbedarf bestehe.
Das widerspricht meiner nun 10jährigen Erfahrung als Personalverantwortlicher der Stadt und zwar jedes Jahr mehr: Ich könnte Ihnen eine ganze Liste von städtischen Stellen anderer Berufsgruppen aufzählen, die wir in den letzten Monaten nicht oder nur mit sehr grossen Problemen besetzen konnten – und dann z.T. nur noch mit Grenzgängern.
Es ging dabei u.a. um:

  • Elektriker
  • Umweltwissenschaftler
  • Heizungs- und Maschinentechniker
  • Installateure
  • Architekten, Bauingenieure, Elektroingenieure
  • Personalfachleute
  • Lohnbuchhalter
  • Sachbearbeitung Berufsbeistandschaft
  • Sozialarbeiter FH und Teamleitung Sozialarbeit
  • IT-Verantwortliche
  • Projektleiter etc.

Das sind alles wichtige Funktionen, um den Service public für die Bevölkerung in guter Qualität erbringen zu können. Beim Kanton sieht es da nicht viel besser aus.
Und die Herausforderung werden weiter steigen, ist doch absehbar, dass in den nächsten Jahren viele MA der geburtenstarken Jahrgänge pensioniert werden. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf.
Geben Sie sich also einen Ruck, nehmen Sie Verantwortung wahr, stimmen Sie dem Antrag der Regierung für die 2.75% Lohnsummenentwicklung zu. Es handelt sich ja bereits um einen Kompromiss. Damit helfen Sie mit, einen Schritt in die richtige Richtung zu machen, um die Problematik der fehlenden Konkurrenzfähigkeit unserer Löhne etwas zu entschärfen.

Erfolgreiche Volksabstimmung über Zusatzkredit Werkhof SH POWER

Tele Top Interview vom 17.11.2019

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Radio Munot Interview zur Volksabstimmung vom 17.11.2019