Kantonsratssitzung vom 07.12.2020: Begründung der Motion „Einführung eines elektronischen Ratsinformationssystems“

«Schaffhausen ist auf Kantons- und Gemeindeebene bei den Führenden im eGovernment und schafft sich dadurch Standort- und Wettbewerbsvorteile.»

Mit diesem Zitat auf der Homepage des Kantons bekennt sich der Regierungsrat dazu, dass unser Kanton bei der Digitalisierung eine Vorreiterrolle spielen soll, weil – und ich zitiere nochmals: «es die Transparenz erhöht, die Vernetzung fördert, die Zusammenarbeit erleichtert und damit für Kanton, Stadt und Gemeinden, für die Öffentlichkeit, die Wirtschaft und die Bevölkerung einen Mehrwert bringt». Ende Zitat.

Um das Ziel des Kantons zu erreichen, soll die KSD möglichst viele innovative eGovernment-Services aufbauen und anbieten.
Ein wichtiges Standbein dabei bildet das Schaffhauser Bürgerportal mit seinen E-Services. Mit der E-ID konnte bereits ein wichtiger Meilenstein gesetzt werden.

Die Zielsetzung des Regierungsrats zur Digitalisierung beinhaltet grosse Chancen für unseren Standort.
Das sieht auch die Wirtschaftsförderung von Kanton und Stadt SH bei ihren Bemühungen für die Standortentwicklung so.
Gemäss ihrer Strategie, soll sich Schaffhausen als Anwendungsregion für neue Technologien positionieren und innovative Unternehmen in Stadt und Kanton ansiedeln.
Dafür braucht es ein innovationsfreundliches Klima und die Offenheit für neue Wege und Technologien in Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft.
Ich erhoffe mir heute diese Offenheit auch von Ihnen, vom Kantonsrat.

Digitale Technologien und Anwendungen bieten neue Lösungswege und fördern die Vernetzung.
Diese Vorteile zeigen sich im Zusammenhang mit der Bewältigung der Corona-Pandemie sehr konkret.
Dabei sind Digitalisierung und Technologien nie Selbstzweck, sondern immer Instrumente im Dienste der Menschen.
Das muss auch für ein elektronisches Ratsinformationssystem gelten.
Es soll für den Kantonsrat und für die Öffentlichkeit einen Mehrwert generieren.

Sie werden es kaum glauben, aber mein erster Versuch, die Ratsarbeit zu digitalisieren, datiert aus dem Jahr 2001, ist also bald 20 Jahre alt.
Ich war damals Präsident des Grossen Stadtrats und versuchte die beiden Ratsbüros davon zu überzeugen, ein elektronisches Ratsinformationssystem einzuführen.
Die beiden Ratsbüros kamen damals zum Schluss, dass es sinnvoll wäre, wenn der Grosse Stadtrat und der Kantonsrat das gemeinsam einführen würden.
Diese Verknüpfung brachte das Projekt aber zum Scheitern, weil man im Kantonsrat noch bis zur Pensionierung der damaligen Ratssekretärin zuwarten wollte. Und wir warten leider noch heute…

Unterdessen sind viele Parlamente auf kommunaler, aber auch auf kantonaler Ebene in unserem Land viel weiter als wir.
Dabei sind Standardsysteme im Einsatz, welche ein ganzes Arsenal an wertvollen Instrumenten bieten, um die Parlamentsarbeit zu vereinfachen, effizienter und ressourcenschonender zu machen.
Eine elektronische Geschäftsverwaltung umfasst u.a. die Aktenführung, die Ablaufsteuerung und die Termin- und Pendenzenkontrolle von Geschäften.
Jedes Mitglied hat jederzeit und von überall her Zugriff auf alle nötigen Dokumente und Geschäfte.
Kollaborationsplattformen vereinfachen die Erarbeitung von Kommissionsberichten, also die kommissionsinterne Kommunikation, aber auch die Kommunikation des Rats mit Verwaltung und Regierung.
Effiziente Suchmaschinen erleichtern das Auffinden von Dokumenten, nicht nur für die Kantonsratsmitglieder, sondern auch für interessierte Bürgerinnen und Bürger etc. etc.

Wie sieht nun die Situation bei uns aus?
Es werden heute immer noch «Tonnen» Papier herumgeschickt und die elektronische Kommunikation läuft ausschliesslich über E-Mail.
Das ist völlig überholt, ineffizient und auch nicht wirklich rechtssicher.

Dass es auch anders geht, zeigen die Exekutiven von Kanton und Stadt.
Regierungsrat und Stadtrat werden für sich auf nächstes Jahr das mobile Sitzungsmanagement einführen.
Jedes Exekutivmitglied kann dann die Sitzungen auf einem Tablet vorbereiten und dabei mit einem Stift Dokumente bearbeiten, ohne kiloweise Papier mit sich schleppen zu müssen.
So wird unterdessen nicht nur in vielen Exekutiven und Legislativen gearbeitet, sondern auch in der Privatwirtschaft.
Ich kann nicht verstehen, weshalb das in unserem Parlament nicht möglich sein sollte.

Natürlich soll die Einführung eines solchen Systems pragmatisch erfolgen.
Die Software muss benutzerfreundlich sein und es braucht in einer Transformationsphase eine gute Einführung.
Ich könnte mir vorstellen, dass während einer noch zu bestimmenden Übergangsfrist zweispurig gefahren wird.
So könnten die Skeptiker «verträglich» an das System herangeführt werden.
Ich kann Ihnen aber versichern, dass sich bei einer solchen Umstellung schon bald niemand mehr vorstellen kann, so zu arbeiten, wie wir das heute tun.
Das zeigen die Erfahrungen aus anderen Parlamenten.

Die Stadt hat bereits entschieden, dass sie im Zusammenhang mit der Ausschreibung eines Standardsystems für die neue Website auch ein Ratsinformationssystem für den Grossen Stadtrat evaluieren wird.
Ich finde, dass der Kantonsrat hier unbedingt nachziehen sollte.
Wir sollten heute den Auftrag dazu erteilen.

Ich freue mich jetzt zu hören, wie das Büro und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, sich zu meiner Motion stellen.
Immerhin hat das Büro meinen Vorstoss ernst genommen und eine Umfrage bei den Ratsmitgliedern durchgeführt.
Das hat mich sehr gefreut, auch wenn die Fragestellungen zum Teil etwas suggestiv und die Antworten insgesamt nicht wirklich aussagekräftig waren.

Es wäre schön, wenn wir heute, nach 20 Jahren Wartezeit, Nägel mit Köpfen machen und zeigen könnten, dass auch der Kantonsrat die Digitalisierung nutzt, um seine Arbeit effizienter und transparenter zu gestalten.
Es ist auch höchste Zeit, dass unser öffentlicher Auftritt als Parlament zeitgemässer wird. Das Live-Streaming war ein erster Schritt. Machen wir heute den zweiten!