Entwicklung Kammgarnareal: Riesen Chance für Schaffhausen

Stellungnahme des Stadtrats im Grossen Stadtrat zur Vorlage Entwicklung des Kammgarnareals vom 03.03.2020

Ich bedanke mich im Namen des Stadtrats der Kommission für die einlässliche Auseinandersetzung mit der Vorlage und dem Präsidenten für dessen Berichterstattung. Ein Dank geht auch an Sandra Ehrat und Nora Winzeler für die gute Protokollierung.

Der Stadtrat freut sich, dass die SPK seinen Anträgen mehrheitlich gefolgt ist und die Vorlage positiv gewürdigt hat. Der Stadtrat unterstützt alle Anträge der SPK.

Die Gründe für die beiden neuen Anträge in Ziff. 5 und 6 sind sehr technisch und rein buchhalterisch. Gemäss Finanzhaushaltsgesetz müssen Umwidmungen von Finanzvermögen ins Verwaltungsvermögen wie Ausgaben behandelt werden. Warum der ganze Hof der Kammgarn in der Vergangenheit einmal ins Finanzvermögen überführt worden ist, konnte nicht mehr rekonstruiert werden, zumal das nicht ganz korrekt war, weil ein Teil für öffentliche Parkplätze genutzt wurde und wird.

Das AGS hat zudem festgestellt, dass das Überbaurecht im Hof, das einesteils zugunsten der Stadt, aber eben auch zugunsten der Personalstiftung der IWC für den Bau der Tiefgarage eingetragen werden muss, einen Wert besitzt. Die Details dazu haben Sie im SPK Bericht gelesen. Darum müssen wir korrekterweise noch einen Einnahmenverzicht beschliessen.

Nachdem sich der Kantonsrat gestern erfreulich klar für die PH in der Kammgarn ausgesprochen hat, gehen wir davon aus, dass wenn Sie heute auch zustimmen, unsere Vorlage am selben Termin, an dem die kantonale Vorlage zur Abstimmung gelangt, dem städtischen Stimmvolk zur Abstimmung unterbreitet wird.

Seit der Schliessung der «Hallen für Neue Kunst» steht der sanierungsbedürftige Kammgarn Westflügel mehrheitlich leer. Der Handlungsbedarf ist unbestritten. Dass wir gleichzeitig den Kammgarnhof von den Parkplätzen befreien und neugestalten können, macht die Entwicklung dieses einzigartigen Areals umso attraktiver. Wir haben die einmalige Chance, ein Schlüsselareal aufzuwerten, die Altstadt zu beleben und der Bevölkerung einen echten Mehrwert zu bieten und das bereits im Lauf der nächsten Legislatur. Wenn wir das zusammen mit der Aufwertung des Stadthausgevierts schaffen, wird das ein Quantensprung für unsere wunderbare Altstadt, die mit grossen Herausforderungen kämpft. Andere Städte werden uns darum beneiden.

Nach vielen Jahren der Entwicklung des Nutzungslayouts liegt nun endlich ein ausgereiftes Projekt vor. Es handelt sich dabei um einen Kompromiss aus den ursprünglichen Wünschen kultur-affiner Kreise aus dem eher Mitte/Links Spektrum und den Forderungen bürgerlicher Kreise nach einem möglichst hohen Anteil wirtschaftlicher Nutzungen.

Wir haben nun einen ausgewogenen, in sich stimmigen öffentlich-wirtschaftlichen Nutzungsmix gefunden, der zu diesem einzigartigen Areal und den bisherigen Nutzungen im Kammgarn Nordflügel passt. Dass wir zudem die Pädagogische Hochschule ansiedeln können, ist ein Glücksfall für Stadt und Kanton. Und mit der IWC haben wir eine in Schaffhausen fest verwurzelte Partnerin mit im Boot, die sich an den Kosten beteiligt, weil sie das mit der Stadt zusammen realisieren will und nicht mit einem privaten Investor. Dank diesem Engagement der IWC können wir den Kammgarnhof aufwerten und beleben. So wird der Hof zu einem attraktiven Erholungsraum für die Bevölkerung.
Und dies alles bei moderaten Kosten von unter 15 Mio. Franken!

Sie kennen die Vorlage, wir fassen sie deshalb nur noch kurz zusammen:
Im Westflügel stehen an einer attraktiven Lage einzigartige Räumlichkeiten leer. Diese Hallen wollen wir mit Leben füllen und zwar so, dass möglichst viele Schaffhauserinnen und Schaffhauser davon profitieren. Deshalb soll es, in Übereinstimmung mit dem öffentlichen Mitwirkungsanlass und den Rückmeldungen aus der Politik, eine ausgewogene, gemischte Nutzung geben. Zwei Fünftel Wirtschaft und Gewerbe, zwei Fünftel für die Bildung und ein Fünftel öffentliche Nutzungen.

Im 4. OG sollen in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung ein oder mehrere Unternehmen angesiedelt werden, welche in dieses innovative und kreative Umfeld passen, z.B. aus der Design- und Kreativwirtschaft oder der Informations- und Kommunikationsindustrie. Zudem stehen auch in den untersten zwei Geschossen noch Räumlichkeiten zur Verfügung für Nutzerinnen und Nutzer, die in das Layout passen und von den übrigen Nutzungen des Kammgarnareals profitieren werden.

Die Wirtschaftsförderung von Stadt und Kanton Schaffhausen zeigt sich überzeugt von unserem Konzept. Diese Flächen werden sehr attraktiv sein für die Ansiedlung von neuen Unternehmen. Dadurch werden Mieteinnahmen und Steuererträge generiert sowie spannende Arbeitsplätze geschaffen.

Auch das gastronomische Angebot im Erdgeschoss wird der Belebung des Areals dienen. Das Konzept für den Gastrobetrieb wird dabei eng auf die Nutzungen abgestimmt werden.

Führen Sie sich dieses Projekt in seiner Gesamtheit nochmals vor Augen: Eine Partnerschaft zwischen Stadt, Kanton und IWC entwickelt zusammen ein Schlüsselareal der Stadt zum Wohle der Bevölkerung und der ganzen Region.

Mit einem attraktiven Nutzungsmix von einem Fünftel öffentlichen Nutzungen, zwei Fünftel gewerblicher und gastronomischer Nutzung und zwei Fünftel Lehrerausbildung und einem neu gestalteten Hof kehrt endlich Leben auf das Kammgarnareal zurück. Und das alles für netto unter 15 Mio. Franken. Wenn das kein positiver Impuls und Meilenstein für unsere Stadtentwicklung ist!

Wir konnten ja in der Zeitung lesen, dass der Kommissionspräsident als prominenter Gegner der Vorlage das vom Stadtrat erarbeitete Nutzungslayout ausdrücklich begrüsst: «Ich hätte gern genau die Kammgarn West, wie sie die Stadt in der Vorlage aufgehzeigt hat – einfach mit einem privaten Investor». Ich bitte deshalb die Minderheit im Namen des Stadtrats: beharren Sie zugunsten der Sache nicht weiter auf Ihren ordnungspolitischen Prinzipien und lassen Sie diese Entwicklung, die ja offenbar in die richtige Richtung geht, jetzt zu.

Denn mit einem Nein zur Vorlage droht ein Scherbenhaufen. Der Westflügel würde weiter leer stehen und das Potential des Hofs bliebe ungenutzt. Denn es ist höchst ungewiss, ob ein privater Investor gefunden wird, dieser dasselbe Nutzungslayout verwirklichen würde und ob die Stimmberechtigten bereit wären, den politisch mit Sicherheit umstrittenen Verkauf des Westflügels an einen Baurechtsnehmer zustimmen würden.

Der Weg zum heute vorliegenden Projekt war ein langer und steiniger. Es gab viele politische Diskussionen, auch Rückschläge. Verwaltung und Politik wurde viel Ausdauer abgefordert. Nun aber ist es endlich soweit: Nachdem der Kantonsrat gestern grünes Licht für die Vorlage PH in die Kammgarn gegeben hat, hat heute der Grosse Stadtrat die Chance und auch die Verantwortung, der Stimmbevölkerung ein spannendes, einmaliges Projekt zu unterbreiten. Es ist jetzt der Moment, um das politische Tauziehen hinter uns zu lassen und zusammen zum Wohle der Stadt in die Zukunft zu blicken. Den Westflügel leer stehen und zerfallen lassen, ist keine Option. Denn je länger nichts passiert, je teurer wird es. Darum muss es jetzt vorwärtsgehen. Das erwartet auch die Bevölkerung von uns.

Stimmen Sie der Vorlage zur Entwicklung des Kammgarnareals darum heute zu und machen Sie zusammen mit uns und unseren Partnern den nächsten Schritt in Richtung einer noch lebenswerteren Altstadt.

Ich möchte mit einem Zitat von Walter Rathenau, einem deutschen Politiker und Industriellen schliessen und hoffe, dass Sie es sich im Hinblick auf die Abstimmung zu Herzen nehmen:

In der Politik soll man weniger versuchen, neue Gelegenheiten zu schaffen, als die sich bietenden zu nutzen.“