Stellungnahme des Stadtrats vom 21.09.2021 zum Postulat „Fair Trade Town“ von Bea Will

Mit ihrem Postulat vom 8. Dezember 2020 möchte Grossstadträtin Bea Will, dass der Stadtrat das Erlangen der Auszeichnung als «Fair Trade Town» prüft. Diese Auszeichnung wird von der Organisation «Swiss Fair Trade» an Städte vergeben, weilche sich in diesem Gebiet besonders verdient machen und dafür folgende Kriterien erfüllen:

  • Die Stadt bekennt sich zum Fair Trade und dem setzt eine Arbeitsgruppe ein, welche sich um die Umsetzung der notwenigen Massnahmen kümmert, diese dokumentiert und Veranstaltungen organisiert.
  • Dabei muss sichergestellt werden, dass auch eine gewisse Anzahl Detailhändler sowie Gastronomie- und Hotelleriebetriebe Fair Trade Produkte führen, dies ihren Kundinnen und Kunden kommunizieren und sich an Aktivitäten zum Thema Fair Trade beteiligen.
  • Gleiches gilt für Unternehmen, Schulen, Alterszentren oder Spitäler sowie Vereine oder religiöse Institutionen.
  • Auch die lokalen Medien sind einzubeziehen und jährliche Veranstaltungen sollen das Thema der Bevölkerung näherbringen.

Das Anliegen des Postulats bzw. der Fair Trade Town Gedanke sind dem Stadtrat grundsätzlich sympathisch. Nachhaltige und faire Bedingungen im Welthandel sind ein wichtiger Beitrag, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern zu verbessern, die häufig nicht unseren Standards entsprechen.

Was also macht die Stadt in diesem Bereich bzw. was kann sie machen? Der direkteste Hebel der Stadt sind die eigenen Beschaffungen. Hier gibt es heute in der Verwaltung keine einheitlichen Vorgaben. Trotzdem sind gerade in den städtischen Alterszentren viele Fair Trade Produkte im Einsatz, bspw. Bananen, Zucker, Honig oder Orangensaft. Auch bei den Schulen besteht ein gutes Bewusstsein für den Fair Trade Gedanken. Allerdings geben sowohl Alterszentren als auch Schulen an, dass der Fokus in erster Linie auf regionalen Produkten und Anbietern liege. Zudem zeigen sie sich skeptisch gegenüber der Fair Trade Town Auszeichnung aufgrund der damit enhergehenden Vorgaben und dem zusätzlichen Auwand. Sie möchten sich in dem Gebiet weiterhin aus persönlicher Überzeugung engagieren, ohne sich zu einer übergeordneten Initiative verpflichten zu müssen.

Wie bereits erwähnt, sind die städtischen Betriebe nur ein Teil der Landschaft an einzubeziehenden Akteuren. Beispielsweise müssten sich 8 Gastronomiebetriebe und 5 Unternehmen zu Aktivitäten verpflichten. Und die Presse müsste eine «regelmässigen Berichterstattung» vornehmen. Ob sich all diese Kriterien erfüllen lassen, ist das eine. Sicher ist aber, dass es Überzeugungsarbeit braucht und die Koordination von vielen Stakeholdern ist erfahrungsgemäss aufwendig. Es braucht ein Zugpferd, an dem erfahrungsgemäss viel hängen bleibt, nicht zuletzt auch wenn es um die zu organisierenden Veranstaltungen und die Dokumentation geht. Hierfür müssen personelle Ressourcen bereitgestellt werden und deshalb muss die Frage nach Aufwand und Nutzen gestellt werden. An dieser Stelle sei erwähnt, dass «Fair Trade Town» nicht zwingend von der öffentlichen Hand angeführt werden muss. Die Initiative und Koordination kann auch von Privaten ausgehen, was in einigen Städten auch passiert.

Wie einleitend gesagt, sympathisiert der Stadtrat mit dem Grundgedanken hinter der Fair Trade Initiative. Wo also kann er direkten Nutzen stiften? Einen effizienteren und zielführenderen Hebel sieht der Stadtrat im städtischen Beschaffungswesen. Hier können Verbindlichkeiten geschaffen werden und die Vorbildrolle der Stadt kann institutionalisiert werden. In den Legislaturschwerpunkten 2021-2024 ist die Etablierung eines nachhaltigen Beschaffungswesens verankert. Nachhaltig bedeutet immer wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltig. Damit wird im weiteren Sinne auch der Grundhaltung des Postulats Rechnung getragen, wobei beispielsweise eine Priorisierung von regionalen Anbietern möglich bleibt.

Auf das Einsetzen einer Arbeitsgruppe, das Durchführen von Veranstaltungen und die Verpflichtung von Privaten möchte der Stadtrat hingegen verzichten.

Ich fasse zusammen: Der Stadtrat findet das Anliegen des Postulates berechtigt, hat aber Vorbehalte bezüglich der Umsetzung und dem Kosten/Nutzen-Verhältnis. Der Stadtrat erachtet es als zielführender dort ansetzen, wo die Stadt Verbindlichkeiten schaffen kann, und soziale und ökologische Anliegen in das eigene Beschaffungswesen einfliessen lassen.

Der Stadtrat bittet die Postulentin darum, den Vorstoss in eine Interpellation umzuwandeln. Andernfalls beantragen wir Ihnen, das Postulat nicht zu überweisen.