Verbesserung Aufsicht und Leitung SH POWER brauchen keinen zusätzlichen Auftrag

Stellungnahme des Stadtrats im Grossen Stadtrat vom 29.10.2019 zum Postulat „Klare Verhältnisse in der VK der Städtischen Werke – Organisationsverordnung überarbeiten“

Mit Datum vom 19. Februar 2019 hat Grossstadtrat Till Hardmeier ein Postulat eingereicht, welches fordert zu prüfen, ob die Organisationsverordnung der Städtischen Werke zu überarbeiten sei. Ziel solle eine grössere Transparenz, eine Eskalationsmöglichkeit bei Problemen und wo nötig eine allgemeine Aktualiserung sein. 

Das Postulat fordert damit die Prüfung der Überarbeitung der Organisationsverordnung im Allgemeinen und identifiziert dabei primär zwei Problemkreise als Anlass für seine Forderung:1. Der Konflikt zwischen Geheimhaltungspflicht und Konsultation der Fraktionen durch die Vertreter des GSR in der VK und damit verbundendie Notwendigkeit einer mehrstufigen Vertraulichkeits-Klassifizierung von Traktanden und Dokumenten2. Das Fehlen einer Eskalationsmöglichkeit der VK-Mitglieder.

Der Stadtrat begrüsst die Möglichkeit, die beiden Fragen zu thematisieren und die heute bestehenden Regelungen und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. 

Vorab ist festzuhalten, dass die heutige Rechtslage den Mitgliedern der Verwaltungskommission die nötigen Möglichkeiten bietet, ihre Verantwortung wahrzunehmen, weshalb der Stadtrat die negative Einschätzung des Postulenten nicht teilt.Zuerst zu einem Missverständnis, das immer wieder zu Diskussionen führt: Bei der VK der Städtischen Werke handelt es sich nicht um eine parlamentarische Kommission, sondern um ein strategisches Führungsorgan für den städtischen Betrieb SH POWER, in welches der Grosse Stadtrat parlamentarische Mitglieder delegiert (Art. 26 lit. c Stadtverfassung). Das ergibt sich aus der Stadtverfassung: Die Regelung der parlamentarischen Kommission finden sich im Kapitel «Grosser Stadtrat» in Art. 34 ff. SV. Die VK hingegen wird separat im Kapitel «Verwaltung» in Art. 53 und 54 SV abgehandelt. Art. 53 Abs. 3 SV besagt, dass die Leitung der Städtischen Werke des vom Stadtrat bezeichneten Stadtratsmitglieds (Werkreferent) und der VK untersteht. Aus dieser Rolle, die mit einem Verwaltungsrat in einer privatrechtlichen AG zu vergleichen ist, ergeben sich für die VK-Mitglieder zwangsläufig Verschwiegenheitsthemen.

Zum ersten Punkt:
Bei den parlamentarischen Mitgliedern können sich daraus Rollenkonflikteergeben, weil sie zwei Hüte tragen. Denn als Mitglied der VK obliegt ihm eine gesetzliche Sorgfalts und Treuepflicht, die in Art. 15 der Organisationsverordnung umschrieben ist: «Die Mitglieder der Verwaltungskommission erfüllen ihre Aufgabe mit aller Sorgfalt und wahren die Interessen der StWS in guten Treuen.» Wer sich von Ihnen in die VK wählen lässt, muss damit umgehen können. Wenn er es nicht kann, ist er am falschen Ort. 

Der Gesetzgeber verpflichtet die Mitglieder der VK in Art. 16 der Organisationsverordnung für die Werke Schaffhausen zur Verschwiegenheit. Im Grundsatz sind die Verhandlungen daher vertraulich. Die VK kann diese generelle Vertraulichkeit konkretisieren und Ausnahmen beschliessen. Zur Zeitwerden alle Dokumente, welche die Geschäftsleitung von SH POWER der VK abgibt, gekennzeichnet, ob sie vertraulich zu behandeln sind. Das wird so auch im Organisationsreglement geregelt. Zudem wird in der VK künftig bei jedem Geschäft als stehendes Traktandum besprochen, was in den Fraktionen besprochen werden darf. Das soll den Grossstadtratsmitgliedern in der VK mehr Sicherheit geben, kann aber ihren Rollenkonflikt nicht immer lösen. Damit müssen sie leben, solange die aktuellen gesetzlichen Regelungen in Kraft sind. 

Fazit: Das Thema Verschwiegenheitspflicht der VK-Mitglieder ist in der übergeordneten Gesetzgebung geregelt und wird im Organisationsreglement durch die VK konkretisiert. Es besteht dazu kein zusätzlicher Gesetzgebungsbedarf. Ein gewisses Potenzial an Rollenkonflikten besteht,solange Mitglieder des Grossen Stadtrats in der VK Einsitz nehmen. 

Zum zweiten Punkt des Postulats, der fehlenden Eskalationsmöglichkeit:
Für ein oberstes Führungsgremium besteht immer die Herausforderung, dass Entscheide nicht eskaliert, d.h. an ein übergeordnetes Organ weitergezogen werden können. Das Gemium selbst steht hier konsequent in der Verantwortung. 

Das gilt auch für Exekutivgremien in der Politik in denen meistens über Kompromisse gemeinsam Lösungen zu finden sind, hinter denen möglichst alle Mitglieder stehen können. In Einzelfällen kann es zu Mehrheitsentscheiden kommen. 

Weil die VK keine parlamentarische Kommission ist und ihr im Rahmen der Führung von SH POWER auch Exekutivfunktionen zukommen, gibt es für die VK keine übergeordneten Gremien, an welche einzelne Mitglieder der VK im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Funktion eskalieren könnten. 

Die nächsthöhere Ebene ist im Rahmen der parlamentarischen Aufsicht der Grosse Stadtrat. Er hat keine direkte  Aufsichtsfunktion, jedoch steht ihm gemäss Verfassung die so genannte Oberaufsicht über den Stadtrat und die gesamte Verwaltung zu (Art. 24 Abs. 1 Stadtverfassung). Damit hat er auch die Oberaufsicht über die Städtischen Werke und ihre Organe. Die Oberaufsicht wird mit den üblichen parlamentarischen Kontrollinstrumenten ausgeübt (Prüfung und Abnahme der Geschäftsberichte, parlamentarische Vorstössesowie bei gravierenden Vorfällen Einsetzung einer PUK). Sie umfasst aber nicht die Befugnis, in die operativen Geschäfte der ihrer Oberaufsicht unterstellten Organe einzugreifen und beispielsweise Einzelakte aufzuheben oder bindende Weisungen über die Rechtsanwendung zu geben.

Wichtig sind angesichts der hohen Eigenverantwortung der VK klare Entscheidprozesse und Ausstandsregelungen. Ob die heutigen Prozesse ausreichen, um optimale Rahmenbedingungen dafür zu bieten, dass die VK zu gemeinsamen, konstruktiven Entscheiden finden kann, wird imZusammenhang mit der Überprüfung der Organisationsverordnungangeschaut. Dieser Prozess ist am Laufen. 

Mit dem am 7. Juni 2016 erheblich erklärten Postulat Schlatter besteht ja bereits ein Auftrag zur generellen Prüfung der gesetzlichen Grundlagender Führung und Aufsicht über SH POWER. Auch bei diesem Postulat ist explizit als Ziel formuliert, die Strukturen für die Führung und Aufsicht derWerke zu verbessern. Es braucht für die allgemeine Überprüfung der Organisationsverordnung also keinen zweiten parlamentarischen Auftrag. Die VK nimmt den am 7 Juni 2016 erteilten Auftrag ernst, ist an der Arbeit und hat einen konkreten Fahrplan: Gestützt auf die neue Eignerstrategie wird zur Zeitein Organisationsreglement erstellt. Dieses regelt – gestützt auf die Organisationsverordnung – den Bereich, den die VK in eigener Kompetenz bestimmen kann. Das Ziel ist, das Reglement auf nächstes Jahr hin zu bereinigen. Themen, die im Hinblick auf Verbesserungen angeschaut werden, sind z.B.:
– Funktionendiagramm und Anforderungsprofil für VK-Mitglieder
– Führungskalender- Kompetenzen- und Unterschriftenregelungen
– Zusammensetzung Audit Committee und Personalausschuss
– Verhältnis VK zu Präsidium
– Kollegialitätsprinzip in der VK
– Geheimhaltungspflichten.

An den Sitzungen vom 6. Juni und vom 3. Juli 2019 hat sich die VK mit dem Organisationsreglement intensiv befasst. Gemeinsam mit einem externen Spezialisten für Fragen der Corporate Governance wurde das Reglement überarbeitet.  

Als zweiten Schritt wird die VK im Hinblick auf die neue Legislatur die Organisationsverordnung überarbeiten, damit dann ab 2021 mit neuen Strukturen gestartet werden kann. Die zu regelnden Bereiche sind bereits bezeichnet und die Revision ist aufgegleist. Unser Rechtsberater wird nächstens einen Entwurf vorlegen, den die VK diskutieren kann.

Der Auftrag, die Organisationsverordnung generell anzuschauen und zu überarbeiten, hat dieser Rat bereits einmal beschlossen und dieser Auftrag steht bereits in der Umsetzung.

Wir gehen davon aus, dass die VK in der ersten Hälfte 2020 einen Vorschlag für die Revision der Organisationsverordnung mit verbesserter Governance vorlegen kann. Ich bitte Sie, sich bis dahin zu gedulden. 

Wie Sie sehen, ist das Postulat also nicht mehr nötig. Der Stadtrat ersucht deshalb den Postulenten, es in eine Interpellation umzuwandeln. Falls er sich damit nicht einverstanden erklären kann, ersuchen wir den Grossen Stadtrat, das Postulat nicht zu überweisen.