Stellungnahme der SP-/Juso-Fraktion in der Sitzung des Kantonsrats vom 28.03.2022

Im Namen der SP-, Juso-Fraktion kann ich Ihnen mitteilen, dass wir mit der schriftlichen Antwort des RR vom 21.12.2021 im Grossen Ganzen zufrieden sind.
Es gibt aus unserer Sicht aber noch ein paar Ergänzungen anzubringen, die sich auch aufgrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine aufdrängen.

Vorweg: Das Risiko von Strommangellagen und Blackouts wird in der erwähnten Studie zur Stromversorgungssicherheit als Folge eines worst case-Szenario thematisiert.
Die Wahrscheinlichkeit ist realistischerweise nicht besonders hoch, vor allem, wenn alle Staatsebenen ihre Verantwortung wahrnehmen. Deswegen auf Panik zu machen, erscheint aber nicht angezeigt.
Trotzdem: Gouverner c’est prévoir. Darum macht es sicher Sinn, dieses Szenario auch für den Kanton SH anzuschauen.
Über allem steht die Frage, warum wir heute überhaupt über Strommangellagen und Blackouts diskutieren?
Das hat im Wesentlichen drei Gründe:

  1. Weil die Schweiz es bisher leider nicht geschafft hat, mit der EU ein institutionelles Rahmenabkommen abzuschliessen, das auch den Abschluss eines Stromabkommens ermöglichen würde.
    Damit wäre die uneingeschränkte Einbindung unseres Landes in den europäischen Strommarkt gewährleistet und die Gefahr von Mangellagen oder Blackouts sehr unwahrscheinlich.
    Positiver sähe es auch aus, wenn es der Schweiz noch gelingt, bis 2025 ein technisches Abkommen mit den Nachbarstaaten abzuschliessen, mit dem die negativen Auswirkungen des europäischen «Clean Energy Package» – sprich beschnittene Importkapazitäten und Gefährdung der Netzstabilität – reduziert werden könnten.
  2. Weil die bisherige inländische Stromproduktion in den nächsten Jahren durch die Abschaltung der alten KKW und durch das Auslaufen der AKW-Beteiligungen in Frankreich reduziert wird.
    Gleichzeitig wird die Dekarbonisierung der Energieversorgung und der Umstieg auf die Elektromobilität dazu beitragen, dass der Stromverbrauch nicht sinken wird und dies trotz Nutzung der grossen Effizienzpotenziale – allein ineffiziente Elektroheizungen verbrauchen im Winter so viel Strom wie das KKW Beznau 1 produziert.
  3. Weil der inländische Ausbau der erneuerbaren Energien nicht genug schnell vorankommt, und das obwohl das nötige Potenzial vorhanden wäre. Dies ist nicht nur im Hinblick auf die Dringlichkeit der Bekämpfung des Klimawandels unhaltbar, sondern auch angesichts der grossen Abhängigkeiten von politisch unberechenbaren Dritt- und Schurkenstaaten bei den fossilen Energieträgern.

Der Bundesrat will im Winter 2022/23 eine Wasserkraftreserve einrichten. Diese sieht vor, dass Speicherkraftwerkbetreiber gegen Entgelt eine bestimmte Menge Energie zurückbehalten, die bei Bedarf abgerufen werden kann.
Als Backup sollen zudem Reserve-Gaskraftwerke gebaut werden, die bei Strommangellagen kurzfristig hochgefahren werden können. Das sind aber nur sehr kurzfristige Antworten. Gaskraftwerke sind klimapolitisch keine nachhaltige Lösung und längerfristig wieder auf die gefährliche Kernenergie zu setzen, kann für uns als direkt von einem Atomendlager bedrohte Region wohl auch nicht wirklich das Ziel sein, gerade auch wenn wir sehen, welche Risiken und welche Verwundbarkeit mit solchen Anlagen im Hinblick auf bewaffnete Konflikte oder Terroranschläge verbunden sind.  

Fazit: Es gibt nur zwei sinnvolle Massnahmen, welche einerseits die Versorgungssicherheit beim Strom gewährleisten und andererseits auch die richtige Antwort auf die Herausforderungen des Klimawandels sind:  

  1. Eine Einigung der Schweiz mit der EU resp. mit unseren Nachbarstaaten, um unser Land bald und möglichst umfassend in den europäischen Strommarkt zu integrieren. Da ist vor allem der Bund gefordert.
  2. Eine massive Beschleunigung des Umbaus der Schweizer Energieversorgung von fossilen zu erneuerbaren, einheimischen Energieträgern, welche die Abhängigkeit vom Ausland spürbar reduzieren.
    Da sind alle Staatsebenen gefordert, auch der Kanton Schaffhausen.
    Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Solar- und die Windenergie, wie z.B. die Windanlage Chrobach, die erneuerbaren Strom für über 8’000 Haushalte produzieren könnte und das erst noch vor allem im Winterhalbjahr, wenn die CH am meisten Strom verbraucht und am stärksten vom Import abhängig ist.
    Wir können es uns schlicht nicht mehr leisten, solche ins Gewicht fallenden Potenziale, die im Vergleich zu den fossilen oder nuklearen Energieproduktionen wesentlich geringere Nachteile für Mensch und Umwelt mit sich bringen, nicht zu nutzen. Da haben wir auch eine Verantwortung für nachfolgende Generationen.