Würdigung von Jürg Grau als Präsident der Regionalkonferenz ZNO

Votum für den Vorstand anlässlich der Auflösung der Regionalkonferenz ZNO vom 26.11.2022 in Andelfingen

Nachdem die RK heruntergefahren wird und wir heute einen wichtigen Schlusspunkt setzen, habe ich als Vizepräsident das Vergnügen, im Namen des Vorstands unseren Präsidenten zu würdigen und zu verdanken.

Wie Jürg vor 11 Jahren zu diesem anspruchsvollen Amt gekommen ist, wissen wir ja nun. Zum Glück wusste er damals noch nicht, auf was er sich da eingelassen hatte.

Ziel des Sachplans war es ja, dass sich die Bevölkerung der Region aktiv in den Prozess der Tiefenlager-Standortsuche einbringen kann.

Ich denke, dass die RK ZNO diese Aufgabe in den letzten 11 Jahren nicht so schlecht bewältigt hat.

Das verdanken wir Euch allen und ganz vielen engagierten Menschen, die sich in den vergangenen Jahren für unsere Region eingesetzt haben. Herzlichen Dank dafür auch von meiner Seite!

Einer sticht dabei natürlich ganz besonders heraus. Er war unser Präsident. Er war das Gesicht der RK und sorgte für wichtige personelle Kontinuität an der Spitze. Er war immer da, wenn er gebraucht wurde.

Ich habe als Vize nie wirklich für ihn einspringen müssen, weil Jürg in absoluter Zuverlässigkeit und mit hohem Pflichtgefühl seine Aufgabe ausgefüllt hat.

Ich habe meine Vorstandskolleginnen und -kollegen im Vorfeld dieser VV aufgefordert, mir ihre Eindrücke zur Regentschaft unseres Präsidenten zu übermitteln.

Und es ist erstaunlich, mit welcher Übereinstimmung seine Leistungen auch von den einzelnen Vorstandsmitgliedern eingeschätzt werden.

Ein Vorstandsmitglied hat schön formuliert, wie eng die Handlungsfelder für Jürg abgesteckt waren und welch unterschiedliche Anspruchsgruppen er einzubinden hatte. Ich zitiere: «Das ging von den protestierenden, Fässer schlagenden Kernfrauen an der ersten Versammlung, die sich bewusst nicht in die Partizipation einbinden lassen wollten, über die immer wieder spürbare Skepsis der Atomturbos, bis zu eigenwilligen Dribbelkünsten einzelner Gemeindepräsidenten. Ein sehr herausforderndes Terrain, das da zu bespielen war.» Zitat Ende.

Diese grosse Diversität in der Zusammensetzung unserer Gremien, bedingt durch zum Teil unterschiedliche Interessenlagen und Charakteren, waren aber nur eine der vielen Herausforderungen.

Dazu gehörten die Organisation der Geschäftsführung, später dann auch Corona, die Mängel des Sachplans und natürlich die gewichtigen personellen Abgänge – ich erinnere an Namen wie Michael Aebersold, Stefan Rawyler, Adrian Lacher, Thomas Feurer, Verena Strasser, Beatrice Salce oder Othmar Schwank. Schön, dass heute einige von diesen alten Weggefährten hier sind. Schön auch, dass namhafte Vertreter des BFE, der Nagra, des ENSI und des Beirats gekommen sind.

Jürg hat sich von all diesen Herausforderungen nicht beeindrucken lassen und seinen Weg beharrlich weiterverfolgt.

Als Kapitän hat er das Schiff «RK ZNO» auch in den grössten Stürmen stets auf Kurs gehalten und immer wieder zurück in ruhige Gewässer geführt.

Als Präsidenten haben wir ihn immer sehr engagiert und quirlig erlebt und mit den Jahren immer lockerer.

Vor allem machte er immer den Eindruck, dass er seine präsidialen Aufgaben im Dienste unserer Region nicht nur mit Pflichtgefühl, sondern auch mit Freude ausübte. Ermüdungs- oder Abnützungserscheinungen habe ich bei ihm nicht wahrgenommen. Entweder kann er sich extrem gut verstellen oder dann hat er wirklich ein sehr sonniges Gemüt.

Mit seiner direkten und bodenständigen Art hat er im Meinungsstreit bei manch heikler Situationen für Deseskalation gesorgt.

Dabei schaffte er den Spagat zwischen Interessen und Meinungen meist souverän, hat zu vermitteln gewusst und hat auch schwierige Diskussionen in der VV besonnen und ergebnisoffen geführt.

Ein Vorstandsmitglied vermutet, dass diese wichtigen Fähigkeiten, sich auf die unterschiedlichen Anforderungen und Situationen einzustellen – also zu wissen, wann man welche Tasten wie spielen muss – auf seine Leidenschaft für das Schwyzerörgeli zurückzuführen sei. Dieses muss ja auf eine ganz spezielle Art gespielt werden: Die Töne beim Zusammenstossen sind ganz anders als diejenigen beim Auseinanderziehen.

Jürg hat sich immer als Vertreter der gesamten Region verstanden und hat mit seiner persönlichen Meinung meistens hinter dem Berg gehalten. Vielleicht war er darum als Moderator so erfolgreich.

Er war auch immer bemüht, auch Minderheitsmeinungen mitzunehmen bzw. einzubauen. Damit hat er auch viel zu einer guten Gesprächskultur beigetragen.

So ist es ihm trotz divergierender Interessen in den „Teilregionen“ gelungen, die Region als Ganzes zusammenzuhalten. Er ist damit zu einer richtigen Integrationsfigur geworden.

Wir haben Jürg als pragmatisch, aufrichtig, nahbar und auf Augenhöhe kommunizierend erlebt. Ich denke, es ist nicht zu viel Pathos, wenn man ihm attestiert, dass er über eine äusserst hohe Integrität verfügt.

Geschätzt haben wir an ihm insbesondere auch seine Menschlichkeit und seine offene Art, mit der er auf die Leute zugegangen ist, unabhängig ihrer Anliegen, ihrer Herkunft oder politischen Haltung. Und natürlich, dass er seinen speziellen Humor nie verloren hat.

Ich habe immer wieder gestaunt, wie dossiergewandt Jürg war und ist und über welch grosses Wissen er sich zum Thema angeeignet hat. Auch die Fachleute wussten immer, dass sie ihm kein x für ein u vormachen konnten. Das hat ihm zu Recht auch grossen Respekt eingetragen.

Diesen Respekt und diesen Rückhalt hat er auch gebraucht. So hat er sich immer wieder selbstbewusst und mutig für unsere Anliegen eingesetzt: Dies zeigte sich zum Beispiel bei der Veröffentlichung der sogenannt geheimen Nagra Papiere, als er klar hin stand und einen Prozess mit offenen Karten verlangte.

Er hat sich auch nicht gescheut „seine Region“ gegenüber dem BFE hartnäckig zu verteidigen, z.B. wenn wieder einmal ein Mittelentzug im Raum stand, weil wir über Themen diskutieren wollten, die uns wichtig waren, das BFE aber vom Sachplan so nicht abgedeckt sah.

Gleichzeitig bemühte er sich immer auch darum einen guten Draht zum BFE zu finden. Dieser schwierige Balanceakt ist ihm bis heute bestens gelungen.

ZNO wurde unter Jürgs Leitung zu einer sehr selbstbewussten und kritisch auftretenden Regionalkonferenz. Dies machte den Prozess definitiv sicherer und besser.

Selbstverständlich ist der Standortentscheid der Nagra, in NL das Lager zu bauen und dies ohne heisse Zelle, nicht alleine unserer Arbeit geschuldet. Aber, wir wissen alle, dass unser dezidierter Widerstand dagegen, NL aus dem Sachplan zu entlassen, sicher mit dazu beigetragen hat, dass das Endlager voraussichtlich nicht is Weinland kommt.

Und die Forderung, die heisse Zelle nicht am Standort der Oberflächenanlage zu bauen, ist auch zuerst von unserer RK eingebracht worden….

Unser Engagement hat also nicht nur Spuren hinterlassen, sondern auch Wirkung gezeigt.

Zurück zu Jürg: Es ist nun Zeit für ihn loszulassen, seine Familie, das Wohnmobil und sein Schwyzerörgeli warten auf ihn.

Er hat das Glück, seine RK nun auflösen zu können, weil es voraussichtlich nicht zum Bau eines Endlagers direkt vor unserer Haustüre kommen wird.

Uns ist aber allen bewusst, dass sich das Problem der Endlagerung von Atommüll und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, der Welt leider noch lange erhalten bleiben werden.

Jetzt dürfen sich aber andere Gremien darum kümmern. Jürg hat seinen Teil dazu beigetragen. Und es war ein wertvoller.

Ich komme zum Schluss:

Lieber Jürg

Nochmals herzlichen Dank für Deinen langjährigen, wertvollen Einsatz im Dienste unserer Region.

Ich habe die Zusammenarbeit in der RK mit Dir immer sehr geschätzt und freue mich, dass wir uns als Vertreter unserer Gemeinden weiterhin grenzüberschreitend für unsere Region einsetzen können, zum Glück zumeist bei erfreulicheren Themen.

Nachdem Du – wie alle Vorstandsmitglieder – im Rahmen des Sachplans vom Bund ein Geschenk erhalten wirst, habe ich mich gefragt, was ich Dir zusätzlich als Zeichen der Wertschätzung für Dein riesiges Engagement schenken könnte, auch im Namen von uns allen.

Weil Du ja in den kommenden Monaten etwas mehr Zeit haben wirst für Dich, Deine Hobbies und Deine Familie übergebe ich Dir etwas für den kulturellen Genuss: ein Wahlabo für das Stadttheater Schaffhausen für die nächste Saison für zwei Personen.

Du kannst Dir damit das herauspicken, was Dich interessiert und zusammen mit Deiner Frau das hochstehende Kulturangebot in der benachbarten Grossstadt geniessen.

Ein Schluck feiner Wein aus dem Blauburgunderland darf natürlich auch nicht fehlen und damit Du heute auch Deine Frau noch mit einer Überraschung beglücken kannst, haben wir Dir noch ein paar Blumen mitgebracht.


Im Namen von uns allen wünschen ich Dir für die Zukunft nur das Beste, gute Gesundheit und bleib so, wie du bist.