Stellungnahme des Stadtrats zum Postulat Planas „Gastrounterstützung im Stadthausgeviert und auf dem Herrenacker vom 05.07.2022

Mit seinem Postulat vom 2. März 2022 beantragt Grossstadtrat Marco Planas, dass der Stadtrat prüfe, wie die Gastronomiebetriebe in den Bereichen Stadthausgeviert und Herrenacker während den Bauarbeiten, welche eine Aussenbewirtung über mehrere Monate hinweg gänzlich verunmöglichen, unterstützt und/oder entlastet werden können.

Baustellen sind unangenehm, gerade in der dicht gebauten Altstadt, in welcher der öffentliche Grund rege genutzt wird.

Der Stadtrat versteht, dass die Bauarbeiten rund um das Stadthausgeviert und den Herrenacker für Anwohnerinnen, Besuchende und Gewerbetreibende ein Ärgernis sein können. Und er versteht auch, dass nicht nur einzelne Gastronomiebetriebe sondern auch Detailisten unternehmerisch unter den Baustellen leiden, auch wenn wir alles versuchen, die Auswirkungen so wenig belastend wie möglich zu gestalten.

Dies geschieht durch die Aufrechterhaltung einer möglichst uneingeschränkten Zugänglichkeit der betroffenen Betriebe, aber auch durch möglichst effiziente Baustellenorganisation, so dass die Bauzeit möglichst kurz gehalten werden kann.

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass wir schon viel unternommen haben wie Info-Veranstaltungen für die Anrainer, regelmässige schriftliche Infos über den Baufortschritt und die nächsten Phasen, Signaletik, eigene Homepage oder direkte Kontakte mit den Betroffenen.

Wir sind uns aber bewusst, dass bei solchen Baustellen vieles nicht planbar ist und sich immer wieder neue Fragen stellen.

Deshalb sind wir bestrebt, die Kommunikation stetig zu verbessern und zu optimieren.

Warum gibt es zur Zeit in der Altstadt denn so viele Baustellen?

Da geht es nicht darum, dass der Stadtrat die Bevölkerung und das Gewerbe plagen will, sondern es ist ein Zeichen, dass die Stadt in die Attraktivität der Altstadt und zugunsten der Bevölkerung und des Gewerbes in wichtige Infrastrukturen der Grundversorgung investiert. Die Baustellen am Herrenacker und im Stadthausgeviert sind Ausfluss politischer Entscheide der Stimmberechtigten, also demokratisch legitimiert.

Die Sanierung des Stadthausgevierts und des Herrenackers werden eine spürbare Aufwertung der Altstadt bringen.

Und wir werden in den nächsten Jahren noch in zahlreichen Gassen und Plätzen der Innenstadt aufgraben müssen, weil wir ja ermöglichen möchten, dass auch in der Altstadt fossile Heizungen durch Anschlüsse an Wärmeveründe ersetzt werden können.

Nur so schaffen wir es, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Ich erinnere daran, dass auch unsere Vorfahren einmal in dieser Situation waren, als sie die Gasversorgung erstellt haben.

Unsere Generationen erlebt das jetzt, um diese Gasversorgung mit einer klimafreundlichen Komfortwärme- und Kälteversorgung zu ersetzen.

Es geht bei diesen Aufgabungen aber nicht nur um den Aufbau von Wärmeverbünden, sondern auch um die Sanierung der übrigen Werkleitungen, also Wasser-, Abwasser-, Strom- und Gasleitungen. Diese müssen immer mal wieder ajour gebracht werden, damit die zuverlässige Grundversorgung der Bevölkerung  und des Gewerbes durch SH POWER gewährleistet werden kann.

Dass eine solche Baustelle in der Nähe des eigenen Betriebs entstehen kann, ist auch Teil des unternehmerischen Risikos eines jeden Gastronomen.

Dieses Risiko kann und soll die Stadt ebensowenig versichern, wie jeder andere Bauherr.

In vielen Fällen, gerade auf dem Herrenacker, sind weder die Lärmemmissionen noch die Einschränkung der Zugänglichkeit unzumutbar.

Trotzdem haben wir den Gastronomen am Herrenacker die Gebühren für die Boulevardflächen für den Sommer 2022 erlassen.

Einem betroffenen Gastronomen der Stadthausgasse wurde am Salzstadel eine Alternative für den Sommer geboten.

Vor diesem Hintergrund wäre es das falsche Signal, wenn die Stadt nun einen pauschalen Entschädigungsanspruch einräumen würde.

Dies wäre willkürlich und würde einen heiklen und kostspieligen Präzedenzfall darstellen, gerade auch im Hinblick auf die absehbaren Baustellen, welche in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit Sanierungsprojekten wie der Bahnhofstrasse, dem Freudenfels, der Kammgarn West oder dem Ausbau des Leitungsnetzes für Wärmeverbünde anstehen.

Es kann jedoch Einzelfälle geben, in denen eine besonders starke Betroffenheit zu erheblichen und messbaren Beeinträchtigungen führt, welche mitunter auch die Existenz eines Betriebs gefährden können.

Der Stadtrat versteht das Postulat auch so, dass dieses mit seiner Einschränkung auf Gastronomiebetriebe, denen die Aussenbewirtung über mehrere Monate hinweg vollständig verunmöglicht wird, nur auf absolute Härtefälle abzielt.

Die Herausforderung ist indes, eine objektive Selektion solcher Fälle vornehmen zu können, damit keine Ungleichbehandlung der Betriebe entstünde.

Der Rechtsdienst der Stadtkanzlei hat analysiert, wie eine solche Betroffenheit juristisch festzustellen wäre.

Vorab ist dabei festzuhalten: Ein Anspruch auf Zuteilung einer Boulevardfläche und auf Nutzung des öffentlichen Grunds besteht in den hier zur Diskussion stehenden Fällen nicht.

Infolgedessen können betroffene Gastronomiebetriebe aus einer allfälligen Verweigerung einer Boulevardbewilligung keine Ersatzansprüche geltend machen.

Und es werden natürlich nur Boulevardflächen verrechnet, die auch tatsächlich genutzt werden können.

Eine Möglichkeit, Schadenersatzansprüche zu stellen ergibt sich aus dem Enteignungsrecht.

Für einen solchen Ersatzanspruch müssen strenge Voraussetzungen erfüllt sein. Die Anforderungen sind also sehr hoch.

Das gilt nicht nur für die im Postulat angesprochenen Gastrobetriebe, sondern für alle Gewerbebetriebe in der Stadt.

Konkret müssen die vorübergehenden Baueinwirkungen auf den Betrieb in ihrer Art, Dauer und Stärke als übermässig im Rechtssinne qualifiziert werden können. Da spielen vor allem die Länge der Dauer der Beeinträchtigung, die positiven oder negativen Immissionen sowie nachweisbar und kausal durch die Auswirkungen der Baustellen verursachte Umsatzeinbussen etc. eine wichtige Rolle.

Die Beweispflicht liegt bei den Gesuchstellern, welche einen Schadenersatz verlangen.

Nur, wenn alle Kriterien kumulativ vorliegen, kann eine Schadenersatzpflicht der Stadt entstehen.

Letztlich wird auf Gesuch hin jeder Einzelfall konkret und eingehend geprüft werden müssen.

Das gilt auch bei Nichtüberweisung des Postulats.

Eine erste, summarische Prüfung durch den Rechtsdienst der Stadtkanzlei hat ergeben, dass die erforderlichen, anspruchsvollen Voraussetzungen bei kaum einem der aktuell betroffenen Gastronomiebetriebe erfüllt sein dürften.

Aber wie gesagt, müsste das im Einzelfall konkret beurteilt werden. Wir können und wollen das hier nicht vorwegnehmen.

Der Stadtrat erachtet eine Überweisung des Postulats als wenig sinnvoll, denn dies würde Erwartungen schüren, dass es eine generelle Antwort auf das angesprochene Problem gibt, die für alle Betriebe passt.

Dem ist aber nicht so.

Es muss jeder Einzelfall auf Gesuch hin konkret geprüft werden.

Deshalb beantragt der Stadtrat die Umwandlung des Postulats in eine Interpellation.