25.11.2024
Gewalt gegen Frauen
Eröffnungsrede zur Aktion "Gewalt gegen Frauen" im Rosengarten
Es ist mir eine Freude und Ehre die Kampagne „Wege aus der Gewalt – 16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ eröffnen zu dürfen. Besten Dank für die Einladung. Gerne überbringe ich Ihnen die Grüsse des Stadtrats.
Vielleicht bin ich heute ja nicht nur als quasi Hausherr hier im Rosengarten eingeladen worden, sondern auch, weil ich als ehemaliger Untersuchungsrichter und Staatsanwalt des Kantons während über 20 Jahren selber intensiv mit zahlreichen Formen von Gewalt gegen Frauen konfrontiert gewesen bin und deshalb das Thema aus dieser Erfahrung gut kenne.
Am Samstag fand ja in Bern die Auftaktdemo zur nationalen Kampagne statt, welche von über 90 Organisationen mitgetragen wird.
Auch der Schweizerische Städteverband gehört zu den Unterstützern der Kampagne, obwohl bei diesem Thema nicht die Städte, sondern die Kantone im Lead sind.
Das kantonale Sozialamt mit seiner Fachstelle für Gleichstellung, Gewaltprävention und Gewaltschutz hat darum bei uns in vorbildlicher Weise die Hauptverantwortung bei der Vorbereitung der Kampagne übernommen.
Aber auch die Stadt kann mithelfen und tut dies auf verschiedenen Ebenen:
So sind wir im Steuergremium zur Istanbul-Konvention vertreten.
Unsere Sozialarbeitenden sind sensibilisiert und stärken resp. begleiten gewaltbetroffene Frauen in der allgemeinen Beratung.
Im Rahmen der Schulsozialarbeit vermitteln unsere Mitarbeitenden allen Kindern frühzeitig wichtige Werte und betreiben auch Gewaltprävention.
Und wahren als Arbeitgeberin die Rechte der Frauen, indem wir schon vor Jahren der Lohngleichheitscharta beigetreten sind und die Lohngleichheit regelmässig überprüfen lassen.
Und zum Start der Aktion beleuchten die Stadt resp. die Städtischen Werke SH POWER hier unser Wahrzeichen, den Munot während zwei Tagen in orange.
Dieser symbolische Akt soll auf die Kampagne aufmerksam machen und die Wichtigkeit des Themas in der öffentlichen Diskussion betonen.
Warum ist es denn so wichtig?
Weil es um Menschrechte geht und weil immer noch viel zu viele Frauen auf dieser Welt, in unserem Land, in unserem Kanton und in unserer Stadt unter Gewalt leiden.
Und es bessert sich leider nicht.
Dieses Jahr sind schon 16 Femizide in der Schweiz registriert worden.
22% der Frauen in unserem Land waren schon von sexuelle Handlungen gegen ihren Willen betroffen.
24% aller Frauen erlebten Gewalt in der Partnerschaft.
Warum kriegen wir das einfach nicht in den Griff, obwohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen z.B. mit der Istanbul-Konvention, verbessert worden sind?
Weil immer noch Narrative vorherrschen, welche dazu führen, dass Betroffene lieber schweigen und Täter unbehelligt weitermachen können.
Offenbar geht es um uralte Denkweisen und Verhaltensmuster im Umgang mit den Rechten von Frauen, die tief in unserer Gesellschaft verankert sind, die wir alle mit in uns tragen.
Unsere Kultur ermöglicht die Abwertung der Frauen aufgrund ihres Geschlechts.
Darum sagt Alt-Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die Schirmherrin der nationalen Kampagne zurecht, dass das Thema uns alle angeht, dass wir alle gefordert sind, das zu ändern.
Und ein Wandel ist möglich:
Agota Lavoyer hält in ihrem neuen Buch „Jede_ Frau“ fest, dass unsere Kultur das riesige Ausmass der (sexuellen) Gewalt gegen Frauen erst ermöglicht und stützt, dass wir uns dem aber widersetzen können, weil uns die Kultur nicht nur prägt, sondern wir sie reproduzieren und dabei verändern können.
Was braucht es dazu?
Mehr Prävention, um Gewalt zu verhindern, mehr Schutz und Unterstützung der Opfer, eine konsequente Bestrafung der Täter und einen anderen, ernsthafteren Umgang mit dem Thema in der Öffentlichkeit und insbesondere in den Medien.
Darum ist diese Kampagne so wertvoll.
Ich freue mich sehr, dass es auch in SH gelungen ist ein spannendes Programm zusammenzustellen, das bis zum 10. Dezember die verschiedenen Facetten der Problematik aufnimmt.
Besten Dank bereits an dieser Stelle den unterstützenden Organisationen und den OrganisatorInnen für Ihr tolles Engagement.
Ich hoffe, dass es auf grosses öffentliches Interesse stossen wird und einen Beitrag zum dringend nötigen Wandel beitragen kann.
Denn wenn Gerechtigkeit, Gleichstellung und Chancengleichheit in unserer Gemeinschaft besser gelebt werden, profitieren nicht nur die potenziell von Gewalt betroffenen Frauen davon, sondern wir alle.