Verkappter Angriff auf Rechtsstaat und Gewaltenteilung

Votum anlässlich der Medienkonferenz vom 31.10.2018 des Komitees gegen die Selbstbestimmungsinitiative

Ich bekämpfe diese gefährliche Initiative politisch als Kantonsrat eines Grenzkantons, als Präsident einer Grenzstadt und natürlich auch aus rechtlichen Gründen als Jurist.

Unser Kanton und unsere Stadt sind stark mit unseren Nachbarn in Deutschland und Österreich verbunden. In verschiedenen grenzüberschreitenden Gremien arbeiten wir bei vielen wichtigen Themen eng zusammen, sei das direkt mit Städten in der Nachbarschaft wie Singen oder im internationalen Städtebund Bodensee, sei das auf kantonaler Ebene in Organisationen wie der IBK, in der Randenkommission, in der Hochrheinkommission etc.

Dabei werden wir als verlässliche Partner respektiert, weil unser Land die internationalen Übereinkünfte, welche oftmals die Basis für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bilden, respektiert. Das schafft Vertrauen und öffnet für die Schweiz international ganz viele Türen. Etwas auf das wir als Exportland fundamental angewiesen sind.
Wenn aber jederzeit Volksinitiativen lanciert werden können, welche internationale Verträge obsolet machen oder diese partiell in Frage stellen können, wird das für uns im Aussenverhältnis gegenüber unseren Partnern zu einem grossen Problem. Das wird uns nicht nur massiv internationales Ansehen kosten, sondern auch wirtschaftlich negativen Folgen zeitigen. Letzteres sieht ja auch die Wirtschaft so, darum engagieren sich auch die Wirtschaftsverbände gegen die Initiative. Und die Mitsprache des Stimmvolks bei internationalen Abkommen ist ja über das Staatsvertragsreferendum gesichert. Dieses soll noch weiter ausgebaut werden (Umsetzung Motion Ständerat Carroni).

Aber auch im Inland ist die Anwendbarkeit von internationalen Standards – gerade z.B. in Menschrechtsfragen – von grosser Bedeutung, weil es der Bundesgerichtsbarkeit verwehrt ist, die eidgenössische Gesetzgebung auf ihre Verfassungsmässigkeit zu prüfen.
Dank der EMRK können sich Schweizer Bürger z.B. gegen Behördenwillkür wehren, was mit der Initiative künftig in Frage gestellt wäre.
Das zeigt auch, dass es den Initianten gar nicht um fremde Richter geht. Vielmehr ist die Initiative ein verkappter Angriff auf unsere Justiz und die Gewaltenteilung in unserem Land.
In gefährlicher Weise sollen die austarierten Checks and Balances unseres demokratischen Rechtsstaates ausgehebelt werden. Da stellen sich nicht nur einem Juristen die Nackenhaare. Das sind die Gründe, weshalb sich neben der Wirtschaft auch die meisten demokratischen Parteien sowie fast alle Rechtsgelehrten und Richter unseres Landes gemeinsam gegen die Initiative stellen.

Gerade in Zeiten, in denen die seit dem 2. Weltkrieg errungenen Fortschritte beim freien Handel und in Menschrechtsfragen dank vielen bilateralen und multilateralen Übereinkünften, welche Rechtssicherheit und Verlässlichkeit bringen, von populistischen und nationalistischen Bewegungen in Frage gestellt werden, braucht es ein klares Zeichen des Schweizer Stimmvolks, gegen solche Tendenzen in unserem Land.
Es braucht am 25.11. eine klare Absage an diese Initiative und ein Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat und zur Universalität der Menschenrechte.