Stellungnahme des Stadtrats vom 20.06.2023 zum Postulat „25 Millionen Rahmenkredit für Erneuerbare 2.0“

Mit Datum vom 15. März 2022 hat Grossstadtrat Urs Tanner (SP) ein Postulat zur Prüfung eines neuen 25-Millionen-Rahmenkredits für erneuerbare Energien eingereicht.
Der Stadtrat nimmt wie folgt Stellung:
Am 29. November 2011 hat der Stadtrat eine Vorlage betreffend Rahmenkredit für erneuerbare Energien an den Grossen Stadtrat überwiesen. Mit dieser beantragte er einen Rahmenkredit von 25 Millionen Franken zum Bau von oder zur Beteiligung an Anlagen zur Produktion von Strom aus erneuerbaren Quellen. Der Rahmenkredit sollte einen Beitrag zu einer ökologischeren, aber auch zu einer sicheren Stromversorgung leisten. Wie Sie wissen, ist der Rahmenkredit vom Grossen Stadtrat 2011 und von der Stimmbevölkerung mit 9‘500 : 3‘100 Stimmen 2012 genehmigt worden, sodass die Verwaltungskommission SH POWER im Einvernehmen mit dem Stadtrat die einzelnen Tranchen in den vergangenen Jahren freigeben konnte. Dank dem Rahmenkredit flossen gut 16 Millionen Franken in Beteiligungen an Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien, z.B. bei der Swisspower Renewables AG. Knapp 700‘000 Franken konnten direkt in Windenergie- und rund 1.5 Mio. Franken in Solarenergieanlagen investiert werden, z.B. in die zahlreichen Solaranlagen auf Schulhäusern und Kindergärten in der Stadt. Weitere knapp 5 Millionen Franken sind für geplante Investitionen in Wind- und Solaranlagen reserviert. Der grösste Anteil davon für den Windpark Chroobach. Damit ist der Rahmenkredit bald erschöpft, es sind noch knapp 1.7 Mio. Franken frei. Es kann heute noch kein exaktes Datum prognostiziert werden, wann dieser Restbetrag aufgebraucht sein wird. Das hängt davon ab, welche Projekte ausführungsreif sind. Und der Köcher an geplanten Anlagen ist gut gefüllt: Dazu gehören PV-Anlagen Gräfler, Feuerwehrzentrum, Steigkirche, Kinderkrippe Forsthaus, Kindergarten Vordersteig, Schulhaus Steingut, Kindergarten Bocksriet, Schulareal Steig, Kammgarn Westflügel, Kindergarten Gruben, auf dem Garderobengebäude Hohberg. Zudem sind neben dem Windpark Chrobach drei weitere Windprojekte mit der Hegauwind GmbH in Planung, wovon sich eines nahe an der Realisierung befindet und zwei noch wenig fortgeschritten sind und die Realisierung damit noch nicht gesichert ist. Aufgrund dieser Projekte gehen wir davon aus, dass der Rahmenkredit Ende 2024 aufgebraucht sein wird. Angesichts des langen Prozesses vom Start der Ausarbeitung einer Vorlage bis zur Volksabstimmung braucht es bald einen Grundsatzentscheid betreffend eines weiteren Rahmenkredits für Erneuerbare Energien. Es spricht Einiges für einen solchen Rahmenkredit 2.0, wie ihn der Postulent nennt. Die erneuerbaren Energien haben seit dem ersten Rahmenkredit weiter an Bedeutung zugenommen. SH POWER hat seine Stromversorgung für Kundinnen und Kunden in der Grundversorgung zu 100% ökologisiert, nota bene ohne dafür die Strompreise anzuheben. Und mit der Klimastrategie hat der Grosse Stadtrat ein Netto-Null-Ziel bis 2050 gesetzt. Dieses wurde von den städtischen Stimmberechtigten bei der Abstimmung über das Klimaschutzgesezt vom letzten Wochenende klar bestätigt. Um dieses Ziel zu erreichen und im Lichte drohender Energiemangellagen hat auch die Versorgungssicherheit nochmals an Bedeutung gewonnen. Dazu kommen Unsicherheiten aufgrund des fehlenden Stromabkommens mit der EU sowie der steigende Strombedarf durch Wärmepumpen, Auto-Ladeinfrastrukturen und die Digitalisierung. Der Bedarf für Investitionen in Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien bleibt also weiterhin hoch. Die Erfahrungen mit dem ersten Rahmenkredit für Erneuerbare Energien waren sehr gut. Er hat SH POWER wichtige Investitionen in die Versorgung der Stadt mit sauberem Strom ermöglicht. Zudem konnte die Stadt einen wertvollen Beitrag an die Dekarbonisierung der Stromversorgung insgesamt leisten. Der Nutzen eines Rahmenkredits 2.0 lässt sich also in vier Punkte gliedern:

  1. Der energetische Nutzen besteht darin, dass – im Idealfall – durch Investitionen von SH POWER in das Energiesystem so viel Energie eingespeist wird, wie in unserem Versorgungsgebiet an unsere Kundinnen und Kunden geliefert wird.
  2. Der ökologische Nutzen besteht im Beitrag an den Ausbau der erneuerbaren Energien und damit die Dekarbonisierung der Stromversorgung. Dies ist im Sinne des Pariser Klimaabkommens, der Energiestrategie 2050 sowie der Klimastrategie der Stadt.
  3. Der finanzielle Nutzen besteht in einem angemessenen Return on Investment, d.h. die Investitionen sollen sich wirtschaftlich lohnen, was letztlich im Interesse der Stadt ist.
  4. Der unternehmerische Nutzen schliesslich besteht darin, dass SH POWER direkten Zugriff auf die Produktion bzw. die Wertschöpfungskette hat.

Ohne einen solchen Rahmenkredit wird der Zugang von SH POWER zu Investitionen in Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien erheblich erschwert. Es wären teils lange politische Prozesse notwendig, was mit bürokratischem Aufwand verbunden wäre. Bei manchen Beteiligungen könnte SH POWER damit gar nicht rasch genug reagieren und würde dadurch wichtige Chancen verpassen. Im Hinblick auf den Rahmenkredit 2.0 möchte der Stadtrat den Fokus künftig verstärkt auf lokale Investitionen setzen, insbes. bei der Photovoltaik. Hierfür haben Sie uns ja am 24.01.2023 mit dem überwiesenen Postulat «Solaroffensive der Stadt» einen entsprechenden Auftrag erteilt. Es wäre also nur konsequent, wenn Sie die dafür notwendigen Mittel dann auch bewilligen würden. Für den Stadtrat ist natürlich klar, dass auch bei einem Rahmenkredit 2.0 die Verwaltungskommission, welche mit unabhängigen Fachexperten verstärkt worden ist, sämtliche Investitionen für Erneuerbare bewilligen muss. Die Verwendung der Gelder und die Rechenschaftspflicht darüber sind transparent geregelt. Neben dem Rahmenkredit für erneuerbare Energien muss auch bald der Rahmenkredit für Wärmeverbünde erneuert werden. Er wird zur Zeit klar mehr beansprucht als der Rahmenkredit für Erneuerbare, weil der Druck auf die Dekarbonisierung der Komfortwärmeversorgung aufgrund der drohenden Energiemangellage, der hohen Energiepreise, insbes. nach dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, stark erhöht worden ist.
Zudem ist bei der Dekarbonisierung die Wärme- und Kälteversorgung das grosse lokale Potenzial einfach zu nutzen. Und die Bevölkerung erwartet hier auch ein grosses Engagement von uns. Insofern liegt auch finanziell gesehen der Fokus zur Zeit auf den Wärmeverbünden, ohne dass wir den Zubau der Erneuerbaren in anderen Bereichen vernachlässigen wollen. Der Stadtrat beabsichtigt also eine Vorlage für einen Rahmenkredit Erneuerbare 2.0 auszuarbeiten und diese nächstens dem Grossen Stadtrat zu unterbreiten. Damit erhalten Sie und die Stimmbevölkerung die Möglichkeit, über eine Neuauflage dieses bewährten Instruments zu befinden.

Deshalb sind wir bereit, das Postulat entgegenzunehmen.