Warum es Sinn macht, dass der zuständige Stadtrat auch die Verwaltungskommission SH POWER präsidiert

Stellungnahme des Stadtrats vom 09.03.2021 zur Motion „Entflechtung der politischen und strategischen Leitung der Städtischen Werke“ im Grossen Stadtrat

Grossstadtrat Diego Faccani möchte den Stadtrat mit seiner Motion beauftragen, die Stadtverfassung dahingehend zu ändern, dass das zuständige Mitglied des Stadtrats die Verwaltungskommission nicht mehr leitet, sondern nur noch mit beratender Stimme Einsitz nimmt, also eine Änderung von Art. 53 Abs. 3 der Stadtverfassung.

Gerne nehme ich im Namen des Stadtrats dazu Stellung:

Nach Art. 53 Abs. 2 Stadtverfassung sind die Städtischen Werke SH POWER eine Abteilung der Stadtverwaltung.

In der Realität weist diese Abteilung Merkmale einer unselbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt auf, namentlich die Führung mit Globalbudget. SH POWER verfügt demzufolge über keine eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. Antwort des Stadtrats vom 12. Januar 2021 auf die Kleine Anfrage «Ist die Organisationsform der Städtischen Werke immer noch gesetzeskonform», Nr. 58/2020 von Grossstadtrat Diego Faccani).

Gemäss Art. 42 Abs. 1 der Stadtverfassung ist der Stadtrat (…) das oberste Leitungs- und Verwaltungsorgan der Stadt.

Er kann einzelne Verwaltungsaufgaben, die übertragbar sind, an Ausschüsse, einzelne Mitglieder, Verwaltungsstellen oder einzelne Angestellte der Stadtverwaltung übertragen (Art. 42 Abs. 5).

Diese Kompetenz ergibt sich aus Art. 54 des kantonalen Gemeindegesetzes.

Die Verwaltungsgeschäfte werden vom Stadtrat als Kollegium, von den einzelnen Stadtratsmitgliedern (Referentinnen und Referenten), von Kommissionen und von der Stadtverwaltung besorgt. Verantwortlich für die Stadtverwaltung ist der Stadtrat als Kollegium (Art. 45 Stadtverfassung).

Eine Delegation dieser Aufgaben und Verantwortung an Verwaltungsexterne ist rechtlich nicht zulässig.

Als Abteilung der Stadt gehört SH POWER zu einem der fünf Referate, welche von den Mitgliedern des Stadtrats geführt werden. Folgerichtig bezeichnet Art. 53 Abs. 3 der Stadtverfassung für die Leitung der Städtischen Werke das vom Stadtrat bezeichnete Stadtratsmitglied als zuständig.

In Vertretung des Stadtrats leitet dieses Stadtratsmitglied die Städtischen Werke, aber nicht alleine. Der Verfassungsgeber hat dem Stadtrat mit der Verwaltungskommission (VK) ein zusätzliches Gremium beigegeben, dem konkrete Leitungsaufgaben zugewiesen worden sind (Art. 54 Abs. 3 Stadtverfassung).

Dazu zählt auch die Aufsicht über die mit der Geschäftsleitung betrauten Personen und die Wahl dieser Personen sowie die Festlegung der Organisation und Kompetenzen der Geschäftsleitung (Art. 54 Abs. 3 lit. a – c Stadtverfassung).

Die Motion verlangt nun, dass das für die Leitung von SH POWER als Verwaltungsabteilung zuständige Stadtratsmitglied, das auch den Werkdirektor als Bereichsleitenden personalrechtlich führen muss, weder bei dessen Wahl in der VK stimmberechtigt ist, noch bei dessen Aufsicht und Führung durch die VK mitbestimmen kann resp. federführend ist.

Das würde zu einer Aufspaltung von Verantwortung und Führung führen, die völlig unsinnig wäre und jeder «good Governance» widersprechen würde.

Denn der Stadtrat als oberstes Führungs- und Leitungsgremium der Verwaltung bleibt – wie bereits erwähnt – auch aufgrund des übergeordneten kantonalen Rechts in der Führungsverantwortung – finanziell, organisatorisch und personalrechtlich. Der Werkreferent als einziges Mitglied des Stadtrats in der VK ist folgerichtig nicht nur stimmberechtigt, sondern präsidiert die VK auch. Nur so macht diese «geteilte» Leitung überhaupt Sinn. Die von den Motionären verlangte Aufspaltung von Verantwortung und Führung würde gegen übergeordnetes kantonales Recht verstossen, weil stadträtliche Führungsaufgaben nicht an Dritte delegiert werden dürfen.

Die Motionäre vergleichen zur Untermauerung ihres Anliegens SH POWER mit der EKS AG. Dieser Vergleich hinkt aber, weil der Kanton das EKS in eine privatrechtliche Aktiengesellschaft ausgelagert hat, was zwangsläufig mit anderen Governance-Strukturen und -anforderungen einhergeht.

Eine solche Auslagerung von SH POWER in eine Aktiengesellschaft – und damit eine Schwächung der politischen Steuerung – ist in der Stadt Schaffhausen von der Stimmbevölkerung bekanntlich 2003 verworfen worden.

Daraus entstanden ist in der Folge die heutige Regelung, die von den Stimmberechtigten 2006 – übrigens mit Unterstützung der FDP – in der Verfassung verankert worden ist.

Diese Regelung ist also schon viele Jahre in Kraft und bei meinen Vorgängern im Amt, die alle immer Werkreferenten und VK-Präsidenten waren, noch nie als «höchst fragwürdig und störend» moniert worden.

Wenn die heutigen Führungsstrukturen bezüglich Governance mit anderen Energieversorgungsunternehmen verglichen werden, müssten solche angeschaut werden, die als Abteilung resp. unselbständige Anstalten organsiert sind, wie die Stadtwerke St. Gallen, Winterthur oder Zürich. Alle anderen Vergleiche, insbes. mit verselbständigten oder gar privatisierten EVU’s bringen uns hier nicht weiter.

Und ich erinnere Sie daran: Auch bei einer selbständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt wie z.B. bei der VBSH ist es durchaus üblich und sinnvoll, dass das sachlich zuständige Stadtratsmitglied im strategischen Leitungsorgan vertreten und auch stimmberechtigt ist. Unsere Erfahrungen seit der Verselbständigung der VBSH bestätigen das deutlich.

In diesem Zusammenhang verweise ich gerne darauf, dass dieser Rat im Rahmen der Auslagerung der VBSH am 20.02.2018 die Organisationsverordnung der verselbständigten VBSH beraten und verabschiedet hat. Die Motionäre haben sich damals nicht daran gestört, dass dem Stadtratsvertreter in der VK das Stimmrecht zugestanden wurde, etwas das heute bei SH POWER, welche noch als Abteilung der Stadt organisiert ist, als «höchst fragwürdig und störend» bezeichnet wird. In dieser unterschiedlichen Behandlung zeigt sich die Schwäche der Argumentation der Motion.

Im Falle von SH POWER mit seiner vorgängig beschriebenen Organisationsform wäre eine andere Regelung als eine Führung durch das zuständige Stadtratsmitglied aktuell nicht nur ungewöhnlich, sondern auch unlogisch. Politische, strategische und personelle Führung lassen sich nicht trennen, wenn ein Betrieb Teil der Verwaltung ist.

Fazit: Die aktuelle Regelung ist also nicht nur rechtens, sondern auch sinnvoll.

Die Forderung der Motion kommt zudem auch zu einem völlig falschen Zeitpunkt. Die neue Organisationsverordnung der Städtischen Werke SH POWER ist vom Grossen Stadtrat gerade erst letztes Jahr verabschiedet worden.

Seither sind drei externe, unabhängige Mitglieder mit besonderen Sach-, Fach- und Branchenkenntnissen in die VK gewählt worden, um diese fachlich zu stärken.

Zudem ist, basierend auf einem Postulat von Diego Faccani vom 20.08.2019, das am 21.01.2020 überwiesen worden ist, eine Überprüfung der Rechtsform von SH POWER aufgegleist. Diese Prüfung wird zeigen, welche Strukturen zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen für SH POWER geeignet sind.

Und zum Schluss noch etwas zur Flughöhe der geforderten Regelung: Der Stadtrat ist der Ansicht, dass organisatorische Regelungen über die Konstituierung von Leitungsgremien von städtischen Betrieben eigentlich nicht auf Verfassungsstufe gehören. Dass das bei Art. 53 und 54 der Stadtverfassung der Fall ist, hat historische Gründe. Künftig sollten organisatorische Details möglichst auf einer tieferen gesetzgeberischen Ebene geregelt werden.

Aus all diesen Gründen beantragt Ihnen der Stadtrat, die Motion nicht zu überweisen.