Berichterstattung Schaffhauser Nachrichten vom 26.08.20223

Vor drei Jahren sagte die Stadtschaffhauser Stimmbevölkerung Ja zur Entwicklung des Kammgarnareals. Mittlerweile konnte das Baugesuch eingereicht werden – ein Meilenstein, sagen die Verantwortlichen. Jetzt werden auch Details zur Parkplatzsituation bekannt.

Kay Fehr

SCHAFFHAUSEN. Ursprünglich war der Baustart beim Kammgarnareal für Mitte 2023 vorgesehen. Bei der gestrigen Medienkonferenz informierten die Verantwortlichen der Stadt Schaffhausen aber nicht über den Spatenstich, sondern erst darüber, dass sie das Baugesuch einreichen konnten. Die Gründe dafür seien, so Baureferentin Katrin Bernath (GLP), die vielen baulichen und strategischen Entscheide, die seit dem Volks-Ja von 2020 getroffen werden mussten (siehe SN vom 8. Dezember 2022). Unter anderem sei der Pegel des Grundwassers höher als gedacht, was bei der Planung der Tiefgarage unter dem Areal berücksichtigt werden musste. Und auch einige Rahmenbedingungen hätten sich geändert, wie beispielsweise die Vorgaben zur Parkplatzgrösse. Anstatt der ursprünglich geplanten 100 Parkplätze wird es nur noch derer 90 geben – zu diesem Thema hatte Grossstadtrat Martin Egger (FDP) bereits einen Vorstoss eingereicht. «Schlüsselprojekt» nimmt Form an

Dass die Baugesuche sowohl für den Westflügel als auch für den Platz und die Tiefgarage eingereicht werden konnten, sei nun aber ein wichtiger Meilenstein, betonte Stadtpräsident Peter Neukomm (SP). «Das Kammgarnareal ist ein Schlüsselprojekt der Stadtentwicklung.» Es sei eine einmalige Chance, das bislang ungenutzte Potenzial anzuzapfen – profitieren sollen dabei alle Generationen und auch die südliche Altstadt, die einen neuen «Hotspot des öffentlichen Lebens» erhalte. Die Uhrenmanufaktur IWC, die unmittelbar bei der Kammgarn ihren Hauptsitz hat und deren Personalstiftung sich an der Tiefgarage beteiligt, profitiere ebenfalls von den unterirdischen Parkplätzen und der Neugestaltung des Areals zu einem «Auenwald», wie es das Siegerprojekt «Celastrina» vorsieht. «Für IWC als Miteigentümerin des Platzes ist es ein wichtiger Schritt, dass eine Aufwertung stattfindet» sagte der Finanzchef der IWC, Lorenz Bärlocher.

Bildungsreferent Raphaël Rohner (FDP) gab einen kurzen Einblick in die zukünftige Raumaufteilung des Westflügels. Im Erdgeschoss sowie im ersten Stock soll die Freihandbibliothek Platz finden. «Bibliotheken gehören zu den beliebtesten Dienstleistungserbringerinnen der Stadt Schaffhausen», sagte Rohner. Durch das Projekt würde deren Rolle weiter gestärkt. Ebenfalls im Parterre entsteht ein Bistro sowie eine Ludothek, welche Spiele und Spielsachen ausleiht. Im ersten Obergeschoss zieht, neben dem ruhigeren Bereich der Bibliothek, das Didaktische Zentrum der Pädagogischen Hochschule Schaffhausen (PHSH) ein. Einzelne Einheiten würden zudem vermietet. Der zweite und dritte Stock sind für die PHSH vorgesehen, das vierte Obergeschoss soll als Ganzes vermietet werden. An wen sei noch offen, sagte Neukomm im Anschluss an die Medienkonferenz. Nachdem ein Interessent abgesprungen ist, fänden aktuell intensive Verhandlungen mit einem produzierenden Unternehmen statt. Dabei handle es sich nicht um die IWC, aber um «eine Firma, die zu ihr passen würde», sagte der Stadtpräsident.

Eine gewichtige Änderung betrifft den Gebäudeteil an der Ecke Klosterstrasse–Baumgartenstrasse. Dort soll laut Projektleiterin Jasmin Klein ein neuer Durchgang entstehen, der zu Fuss direkt aus der Altstadt auf den Hof führt. Auf dem Areal sollen zudem 170 Fahrradstellplätze entstehen.

Baureferentin Bernath rechnet damit, dass in einem Jahr mit dem Bau begonnen werden kann. Ab Herbst 2024 werden die Parkplätze im Kammgarnhof nicht mehr zur Verfügung stehen. Ende 2026 sollen dann, wenn alles nach Plan läuft, sowohl der Westflügel als auch der autofreie Platz und die Tiefgarage fertiggestellt sein. «Das Projekt ist nicht nur zukunftsweisend, sondern auch wichtig für die Stadtbewohnerinnen und -bewohner und für die Ausstrahlung des Standorts», schloss Bernath. Video

Ausführliche Interviews mit Stadtpräsident Peter Neukomm und Baureferentin Katrin Bernath unter « www.shn.ch/click» Nachgefragt «Hatten Anzeichen, über dem Kredit zu liegen» Nachgefragt «Wir hatten Anzeichen, dass wir über dem Kreditrahmen liegen»

Die Baureferentin der Stadt Schaffhausen, Katrin Bernath (GLP), spricht über die Kosten der Projekte auf dem Kammgarnareal.

Frau Bernath, es stehen archäologische Untersuchungen an auf dem Kammgarnareal. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Bauprojekt verzögert?

Katrin Bernath: Die aktuell vorliegende Planung ist realistisch, es sind aber keine Reserven für Unvorhergesehenes eingeplant. Für die Grabungen der Archäologie wurde Zeit eingeplant, da es bei Sondierungen Hinweise auf Funde gab. Ob die eingeplante Zeit reicht oder ob gewisse Untersuchungen parallel zum Baubetrieb laufen können, werden wir sehen.

Das Bauprojekt ist noch nicht ausgearbeitet. Was fehlt noch?

Bernath: Im Bauprojekt wird die Planung generell vertieft. Ein wichtiges Thema sind Abklärungen zur Statik. Auch die Kosten werden aktuell noch auf der Stufe Bauprojekt erarbeitet.

Wie wirkt sich die Bauteuerung auf die Kosten des Projekts aus?

Bernath: Die Informationen zu den Kosten und zur Teuerung werden aktuell ermittelt.

Stand heute gehen Sie aber davon aus, dass Sie im Kreditrahmen bleiben?

Bernath: Wir hatten Anzeichen, dass wir über dem Kreditrahmen liegen. Die in der Zwischenzeit erarbeiteten Optimierungen bei den statischen Massnahmen werden die Kosten reduzieren, und aktuell wird das Bauprojekt mit dem Ziel ausgearbeitet, dass wir im Kreditrahmen bleiben.

Mussten Sie schon irgendwo den Rotstift ansetzen?

Bernath: Das vorliegende Projekt zeigt, wie wir das umsetzen können, was gemäss Vorlage geplant war. Allenfalls stellt sich in einem nächsten Schritt die Frage, ob es irgendwo noch Spielraum braucht und gibt, die Kosten weiter zu reduzieren.

Wie wurde beim Bauprojekt dafür gesorgt, dass die unterschiedlichen Ansprüche der vielen Nutzer berücksichtigt werden?

Bernath: Das ist eine grosse Herausforderung und sehr wichtig. Diverse Nutzerinnen und Nutzer wurden einbezogen, zum Beispiel vor dem Wettbewerb zur Ausarbeitung des Programms. Aktuell laufen beispielsweise Diskussionen darüber, wie die Reglemente zur Nutzung des Platzes ausgestaltet werden, etwa zu welchen Zeiten Anlieferungen stattfinden können und wann der Platz verkehrsfrei ist. Um während der Bauphase die verschiedenen Projekte aufeinander abzustimmen, wird eine externe Oberbauleitung eingesetzt. Interview: Dario Muffler Umstrittene Vorlage und Verzögerungen im Projekt

Seinen Lauf nahm das aktuelle Projekt genau genommen 2014 . Damals schlossen die Hallen für Neue Kunst und der Kammgarn-Westflügel stand in den Folgejahren grösstenteils leer. Im August 2019 präsentierte der Stadtrat dem Parlament dann eine Vorlage zur Aufwertung der Gebäude und des Kammgarnhofs.

Im März 2020 sagte das städtische Parlament Ja zur Vorlage. FDP und SVP kritisierten, dass nur ein Stockwerk der Privatwirtschaft zur Verfügung gestellt und zwei Stockwerke für die Pädagogische Hochschule dem Kanton verkauft werden.

Am 30. August 2020 sagte die Stimmbevölkerung der Stadt und des Kantons Ja zum Projekt. Die kantonale Abstimmung fiel knapp aus.

Seither laufen die Arbeiten im Hintergrund, wegen aufwendiger Planungsarbeiten wurde im Dezember 2022 bekannt, dass sich das Projekt um ein Jahr verzögert. (dmu)