Digitalisierung in der Verwaltung: Als Chance wahrnehmen

Votum am Delegiertenanlass der Region Ost der Mobiliar vom 19.09.2019in der Begtrotte Osterfingen

Ich freue mich, Sie als gebürtiger Hallauer hier im Klettgau bei schönstem Herbstwetter begrüssen zu können. Die äusseren Bedingungen sind perfekt, so dass ich davon ausgehe, dass Sie ihren Aufenthalt hier inmitten des grössten zusammenhängenden Rebbaugebiets der Deutschschweiz geniessen können. Die Wümmete hat bereits begonnen und wir gehen davon aus, dass es wieder einen tollen Jahrgang gibt.

Ich bin der Einladung von Philipp Früh sehr gerne gefolgt, da ich mich der Mobiliar sehr verbunden fühle. Das hat mehrere Gründe:
Erstens gehörte mein Vater, der auch hier ist, während mehrerer Jahre als Mitglied des VR zur Mobiliar-Familie.
Zweitens haben wir in SH eine Mobiliar-Generalagentur, die mit Philipp Früh an der Spitze einen hervorragenden Job macht und zahlreiche attraktive Arbeits- und Ausbildungsplätze anbietet.
Drittens: Meine Erfahrungen mit der Mobiliar als Kunde – sei es privat sei es mit der Stadt – waren durchwegs positiv.
Und viertens bin ich immer wieder begeistert darüber, wie die Mobiliar – ganz im Sinne des Genossenschaftsgedankens – über ihr gesellschaftliches Engagement auch andere an ihrem Geschäftserfolg partizipieren lässt.

Ich konnte mich gerade letzte Woche wieder vergewissern, wie fortschrittlich und verantwortungsvoll die Mobiliar unterwegs ist, als ich mit meinen Chefbeamten auf unserem jährlichen Teamausflug Ihre Zentrale in Bern besuchte.

Eigentlich hätte ich Ihnen gerne etwas über die Schönheiten und Stärken unserer Stadt und über die Herausforderungen, die sich ihr stellen, erzählt.
Ich wurde aber gebeten, heute etwas zur Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung zu sagen, was ich auch gerne mache, handelt es sich doch dabei um eine grosse Herausforderung der öffentlichen Hand.

Bei der Digitalisierung handelt es sich auch für unsere Stadt um eine grosse Herausforderung. Das hochaktuelle Thema lässt sich aber nicht in ein paar wenigen Sätzen erschlagen. Gerne werde ich versuchen, Ihnen einen kurzen Einblick in meine Sicht auf dieses anspruchsvolle Thema zu verschaffen.

Klar ist: Der Einsatz der Informations- und Kommunikationstechnologie im privaten und beruflichen Alltag verändert Abläufe und bisherige Formen der Interaktion.
Die Gemeinwesen auf allen Stufen unseres Landes sind von diesem Transformationsprozess betroffen.
Ich würde sogar sagen: Die Digitalisierung gehört derzeit zu den aktuell grössten Herausforderungen der öffentlichen Hand.
Die Verwaltung verfügt über vielfältige Prozesse und Strukturen und erbringt täglich unzählige Dienstleistungen für die Menschen und die Wirtschaft. Und viele dieser Prozesse und Dienstleistungen haben von Natur aus Potenzial digitalisiert zu werden.

Der Grundstein dafür ist längst gelegt: Das Bundesamt für Statistik hat hierzu eindrückliche Zahlen präsentiert.
Das Internet ist heute in der Schweiz nahezu immer und überall verfügbar: Über 90% der Privathaushalte haben hierzulande einen Internetanschluss und fast 80% der Gesamtbevölkerung besitzen ein Smartphone mit der Möglichkeit, mobil auf das Internet zuzugreifen.
Auch die elektronische Interaktion mit den Behörden ist in der Schweiz etabliert. Dies zeigt sich insbesondere bei der Kontaktaufnahme mit Behörden oder der Suche nach Informationen, wofür heute drei Viertel der Privatpersonen den elektronischen Kanal nutzen.
Weniger häufig hingegen ist in der Schweiz die Nutzung von Online-Dienstleistungen der Behörden. Viele Prozesse sind leider noch nicht vollständig digital verfügbar resp. nur mit Medienbruchstellen. Daran müssen wir arbeiten.

Wie gehen wir dabei vor?

Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Die Digitalisierung ist vielmehr ein Mittel zum Zweck.
Der Zweck besteht bei der Verwaltung in erster Linie darin, die Bedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner und der Wirtschaft noch besser zu befriedigen und die Leistungen der Verwaltung zu optimieren.
Die Digitalisierung kann eines der Mittel sein, die uns dabei helfen.
Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Ersetzen von Behördengängen durch digitale Interaktion, was den Kunden Zeit spart und auch für die Verwaltung Effizienzgewinne bringen kann.

Es ist eine Illusion, einen Megatrend wie die Digitalisierung mit einem Strategiepapier alleine erschlagen zu können. Der Wandel ist zu schnell, zu dynamisch und über die diversen Bereiche der Verwaltung gesehen viel zu heterogen.
Da haben wir im Vergleich mit Ihnen natürlich ein Handicap: Wir als Stadt sind ein grosser Gemischtwarenladen:
Ca. 1’500 Mitarbeitende bei ca. 950 Vollzeitstellenäquivalenten und knapp 100 Lehrstellen in 17 Berufen erbringen ein riesiges Spektrum an Leistungen und haben viele unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen zu erfüllen.
Das geht von der Stadtgärtnerei, den Museen, den Altersheimen, der Stadtpolizei, den Verkehrsbetrieben, den Bibliotheken, dem Forstdienst, bis zur Entsorgung, dem Bestattungsamt, der Strom-, Gas- und Wasserversorgung oder den Kindertagesstätten. Die unterschiedlichen Verwaltungsbereiche habe ich dabei noch nicht einmal erwähnt.
Der digitale Wandel kann und darf nicht zentral und von oben übergestülpt werden, sondern muss zwingend auch dezentral in den einzelnen Fachbereichen mitgestaltet werden können – und zwar massgeschneidert auf die jeweiligen Bedürfnisse und Fragestellungen. Das bedeutet natürlich auch, dass wir in den einzelnen Bereichen innovative Köpfe brauchen, die den digitalen Wandel gestalten können und wollen.

Verschiedene Bereiche waren in der Stadt Schaffhausen in den letzten Jahren sehr aktiv. Ich erwähne nur ein paar ausgesuchte Bereiche:

Die Stadtpolizei etwa wird in Kürze das Fundbüro easyfind in die digitale Zukunft überführen und zwar in Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden des Kantons.

Die Bibliothek hat ihr elektronisches Angebot kontinuierlich ausgebaut, ohne dabei die klassischen Medien zu vernachlässigen. 2012 waren von den damals 150‘000 Ausleihen gerade mal 5‘700 elektronische Medien. 2018 waren von den insgesamt 293‘000 Ausleihen schon 63‘000 in digitaler Form.

Zum Rheinfall fährt ein selbstfahrender Bus, der ins Leitsystem der Verkehrsbetriebe Schaffhausen eingebettet ist.

Das Alterszentrum Emmersberg ist ein Lead Partner in einem Projekt zur Evaluierung der Chancen der Robotik in der Altenpflege.

Wir arbeiten aber auch bei unseren internen Prozessen an der Digitalisierung. Der Personaldienst führt mittlerweile alle Personaldossiers und Prozesse online – vom Bewerbermanagement bis zur Mitarbeitendenbeurteilung.

Und die gesamte Verwaltung hat anfangs Jahr auf die elektronische Aktenführung umgestellt und muss zwingend alle geschäftsrelevante Dossier in einem zentralen, revisionssicheren Ordnungssystem führen, an das künftig auch eine elektronische Archivierung anschliessen soll.

Selbstverständlich gibt es aber noch viel zu tun: Besonders interessiert die Bürgerinnen und Bürger vermutlich die klassischen Dienstleitungen der Einwohnerdienste sowie das e-Voting.

Beim e-Voting sind uns bei der Stadt die Hände gebunden. Der Lead liegt hier bei Bund und den Kantonen.
Bei den Dienstleistungen – dem E-Governement – hingegen arbeiten wir derzeit zusammen mit dem Kanton intensiv an den nötigen Grundlagen.

Mit einer kantonalen eID gehört Schaffhausen zu den führenden Kantonen in der Schweiz in Sachen Digitalisierung von Behördendienstleistungen.
Zusammen mit einem neuen, moderneren Internetauftritt bildet das die Voraussetzung dafür, dass verschiedene Dienstleistungen überhaupt digital angeboten werden können.

Die Hauptarbeit ist nicht die Auswahl der Technologie, sondern das Ausrichten der Prozesse auf die Technologie und das wird nicht von heute auf morgen passieren. Es stellt aber eine grosse Chance dar, unsere Prozesse zu optimieren. Darum ist die Digitalisierung immer auch ein Organisations- oder Changeprojekt. Damit verbunden sind Lernprozesse und ein Kulturwandel.

Bei allen Verweisen, dass der Wandel weitgehend in den Bereichen gestaltet werden muss und auch tatsächlich wird, sollte der Stadtrat als strategische Führung schon auch gewisse Leitplanken vorgeben, sozusagen als Orientierungshilfe, wo die Reise hingehen soll. Und er muss als Vorbild wirken.

Hier arbeiten wir derzeit an einer Smart City Strategie.
Beim Thema Smart City geht es natürlich um viel mehr als die Digitalisierung. Es geht um das Schaffen von Mehrwert für Bevölkerung und Wirtschaft dank Vernetzung von Akteuren und Infrastrukturen und Nutzung moderner Technologien.
Dass die Digitalisierung hier ein wichtiger Aspekt ist, leuchtet ein.
Hier sind auch die Städtischen Werke SH POWER gefordert: Sie sollen als Enabler künftig mit intelligenten Netzen (smart grids) dafür sorgen, dass eine bessere Vernetzung möglich wird. 
Ein Schwerpunkt von Smart City dürfte auch das Thema Dienstleistungen sein, oder Neudeutsch: Smart Governance. Hier wollen wir unter anderem das Potenzial der Digitalisierung in der Verwaltung erkennen, Ziele formulieren, wo die Reise hingehen soll und schliesslich entsprechende Bestrebungen unterstützen und fördern. Auch der Stadtrat ist also gefordert und gewillt, die Zeichen der Zeit zu erkennen und zukunftsorientiert zu handeln.

Ich hoffe Ihnen mit diesen Ausführungen aufgezeigt zu haben, was die Digitalisierung für die Verwaltung heute bedeutet, welche Potenziale vorhanden sind und wie der Weg zur Gestaltung des digitalen Wandels bei uns aussieht.

Hier nochmals zusammengefasst das Wichtigste in Kürze.

Die Digitalisierung ist für die öffentliche Verwaltung sehr herausfordernd und spannend. Ich finde es toll, diesen Wandel mitgestalten zu können und freue mich immer darauf, mich mit anderen Playern – seien es öffentliche oder privatwirtschaftliche wie Sie – über diese gemeinsame Herausforderung austauschen zu können.

Zum Schluss noch ein Zitat von Charles Darwin der die Herausforderung gut auf den Punkt gebracht hat und das gilt ja auch für die Privatwirtschaft:

«Es ist nicht die stärkste Spezies die überlebt, auch nicht die intelligenteste, es ist diejenige, die sich am besten dem Wandel anpassen kann».