Votum im Kantonsrat vom 08.03.2021

Zur Senkung der Vermögenssteuer

Ich beantrage ihnen, dieser Steuersenkung nicht zuzustimmen resp. dem Antrag Freivogel zuzustimmen. Es soll eine Vorlage dafür gemacht werden, die separat behandelt werden kann. Das wäre fair und transparent.

Ich bin etwas schockiert darüber, dass mitten in einer Krise die Teilrevision des Steuergesetzes für eine Hauruckübung missbraucht wird. Es sollen diejenigen steuerlich entlastet werden, die es nicht nötig haben, nein, die von der Krise bisher sogar profitiert haben. Das kann der Normalbürger zu Recht nicht mehr nachvollziehen.

Und wenn heute bei der Begründung die Unterstützer der Vermögenssteuersenkung vom «geldgierigen Staat» sprechen, vom Staat, der zur Zeit der Wirtschaft mit Milliarden unter die Arme greift, um die gravierendsten wirtschaftlichen Folgen von Covid 19 abzufedern, dann zeigt das die Geisteshaltung, die hinter dieser Forderung steht.

Es gibt aktuell keinen Handlungsbedarf, die Vermögenden zu entlasten, weil diese in der laufenden Krise nicht leiden, sondern von dieser profitieren. Ich zitiere dazu gerne aus den Medien der letzten Wochen. Es handelt sich um eine kleine Auswahl von ganz vielen gleichlautenden Artikeln:

Handelszeitung: «In der Schweiz und weltweit sind die Vermögen in der Coronakrise stark gestiegen».

Tages-Anzeiger: Titel «Nur die Reichen profitieren»
«In der Coronakrise profitieren die Vermögenden, weil die Liegenschaftenpreise steigen, die Börsen boomen und die Nationalbank die Geldmärkte weiter flutet. Die Mittelschicht verliert, die Ungleichheit wächst».

Global Wealth Report: «Weltweit wuchs das Brutto-Geldvermögen 2019 um 9.7%. Das war das stärkste Wachstum seit 15 Jahren. Trotz Corona legten die globalen Geldvermögen auch im 1 Halbjahr 2020 um 1.5% zu. Die Vermögen der CH-Haushalte stieg 2019 um 6.4% ».

Deutsche Welle:  «Reiche werden dank Corona reicher. Dies zeige auch eine Studie der PWC und der UBS».

Fazit: Die Coronakrise hat die Vermögenden rund um den Globus, in der CH und in SH reicher gemacht. Diese Bevölkerungsschichten brauchen darum jetzt keine zusätzliche Entlastung.
Vielmehr werden wir angesichts der hohen Ausgaben, die aufgrund von Corona längerfristig auf Kanton und Gemeinden zukommen werden, auf die Steuern der Vermögenden angewiesen sein.
Es ist also der völlig falsche Moment, Steuergeschenke an Leute zu verteilen, die das gar nicht nötig haben

Und ich staune schon ein wenig: Dieselben Politiker, die vor wenigen Wochen im Abstimmungskampf gegen das städtische Budget die Solidarität der städtischen Mitarbeitenden mit den leidenden Arbeitnehmenden in der Privatwirtschaft verlangt haben, wollen heute Steuergeschenke über mehrere Millionen verteilen, an Leute, die es nicht nötig haben, nein die bisher von der Coronakrise sogar profitiert haben. Hier ist offenbar Solidarität mit den Corona-Leidenden kein Thema mehr.

Für die einzigen, für die ich Verständnis habe, wenn sie heute eine Reduktion der Vermögenssteuer verlangen, sind die Bankenvertreter. Warum? Weil das Geld, das die Vermögenden durch die Steuersenkung einsparen, geht – im Gegensatz zum Versicherungsabzug – nicht in den Konsum, sondern in die Vermögensverwaltung der Banken.