Sitzungsgelder gehören nicht in die Stadtverfassung

Stellungnahme des Stadtrats zur Motion "Kommissionsentschädigungen und Sitzungsgelder - das letzte Wort hat das Volk! vom 12.12.2017 im Grossen Stadtrat

Mit ihrer Motion vom 21. Februar 2017 wollen Grossstadtrat Martin Egger und fünf Mitunterzeichnende erreichen, dass das Sitzungsgeld des Grossen Stadtrates künf­tig von den Stimmberechtigten in einer obligatorischen Volksabstimmung festgelegt wird. Dazu soll Art. 10 der Stadtverfassung entsprechend ergänzt werden.

In ihrer Begründung machen sie geltend, die Stimmberechtigten hätten heute kein wirkungsvolles Instrument, um bei Änderungen von Kommissionsentschädigungen und Sitzungsgeldern des Parlaments mitzubestimmen. Sie beziehen sich auf eine SMS-Umfrage der Schaffhauser Nachrichten, wonach im Januar 2017 97 % der Um­frageteilnehmenden kein Verständnis für die Erhöhung der eigenen Sitzungsgelder durch den Kantonsrat gehabt hätten.

Bevor ich Ihnen die Stellungnahme des Stadtrats erläutern werde, muss ich meinem Glücksgefühl Ausdruck geben, welches dieser Vorstoss bei mir ausgelöst hat. Sie merken, ich werde jetzt etwas ironisch. Aber für mich zeigt dieses Anliegen, dass es uns – im Vergleich zu einem Grossteil unserer Welt sehr gut geht in Schaffhausen. Und dafür sollten wir doch gerade im Hinblick auf die anstehende Weihnachtszeit dankbar sein. Nun aber wieder zur Sache:

Der Stadtrat steht der Erheblicherklärung der Motion aus verschiedenen Gründen skeptisch gegenüber:

1. Die Festlegung des Sitzungsgelder und Fraktionsentschädigungen des Grossen Stadträte in einer obligatorischen Volksabstimmung erscheint dem Stadtrat als unverhältnismässig. Nach der geltenden Stadtverfassung fallen neue einma­lige Ausgaben von mehr als 2 Mio. Franken und neue wiederkehrende Ausga­ben von jährlich mehr als 300‘000 Franken unter das obligatorische Referen­dum. Bei den Sitzungsgeldern und Grundentschädigungen des Grossen Stadt­rates handelt es sich um Beträge von jährlich 190‘000 Franken. Mit der Unter­stellung der Sitzungsgelder unter das obligatorische Referendum würde für eine einzelne Ausgabenkategorie eine verfassungsrechtliche Sonderregelung ge­schaffen, die schlecht zur sonstigen Regelung der Finanzkompetenzen passt.

2. Die verlangte Regelung widerspricht dem Grundsatz des haushälterischen Umgangs mit den öffentlichen Geldern.
Für jede auch nur kleine Erhöhung der Sitzungsgelder müsste eine Volksabstimmung durchgeführt werden. Diese kostet zwischen 10‘000 und 30‘000 Franken, je nachdem, ob sie mit ande­ren Abstimmungen zusammenfällt oder ein eigenes Abstimmungswochenende beansprucht.

3. Die Motionäre beziehen sich in ihrer Begründung auf eine SMS-„Abstimmung“ in den Schaffhauser Nachrichten, wobei Abstimmung hier in Anführungszeichen gesetzt werden muss. Eine SMS-Umfrage, bei der die Anzahl der Umfageteil­nehmerinnen und -teilnehmer nicht bekannt ist, stellt keine repräsentative Datenbasis dar.

4. Auch in einem anderen Punkt überzeugt die Begründung der Motionäre nicht:
Die Stimmbe­rechtigten haben durchaus Instrumente, um sich gegen allfällige unverhältnis­mässige Erhöhungen der Sitzungsgelder zur Wehr zu setzen. So können sie das Budgetreferendum ergreifen oder mit einer Initiative oder einer Volksmotion die Festlegung des Sitzungsgeldes in einer referendumspflichtigen Verordnung verlangen.

Und nicht zuletzt: Die Vergangenheit zeigt, dass der Grosse Stadtrat mit seiner Kompetenz zur Festsetzung der Sitzungsgelder bisher stets verantwortungsbewusst umgegangen ist. Das Sitzungsgeld von 130 Franken für eine Sitzung von 2½ Stun­den, die zusätzlich einen persönlichen Vorbereitungsaufwand und in der Regel auch die Teilnahme an Fraktionssitzungen erfordert, ist nach Auffassung des Stadtrates durchaus angemessen. Dies auch im Vergleich zum höheren Sitzungsgeld des Kantonsrates von 200 Franken. Aus der bisherigen, vernünftigen Handhabung kann also auch kein Handlungsbedarf abgeleitet werden.

Der Stadtrat sieht aber durchaus auch Gründe, die zu einer anderen Einschätzung führen können. Insbesondere die Tatsache, dass der Grosse Stadtrat bei der Fest­legung des Sitzungsgeldes in eigener Sache entscheidet, stellt eine besondere Konstellation dar, mit der aber jedes Parlament konfrontiert ist. Ihr könnte beispielsweise dadurch Rechnung getragen werden, dass das Sitzungsgeld in einer referendumspflichtigen Verordnung festgelegt würde. So hätten die Stimmberechtigten es in der Hand, für Erhöhungen des Sitzungsgel­des, die sie als ungerechtfertigt erachten, eine Volksabstimmung zu verlangen.

Da die Motion Egger eine Frage anspricht, die den eigenen Tätigkeitsbereich des Grossen Stadtrates betrifft, verzichtet der Stadtrat darauf, einen eigenen Antrag zu stellen. Sie haben aber aufgrund unserer Begründung unschwer feststellen können, dass es aus unserer Sicht sicher gewichtigere Themen in unserer Stadt gibt, als die Frage, ob das Volk über Ihre relativ bescheidenen Sitzungsgelder der Grossstadträtinnen und Grossstadträte mitbestimmen können soll.