Stadt hat Corona-Krise bisher gut bewältigt

Thommen will zweiten SP-Sitz holen

Foto: Peter Neukomm und Christine Thommen (rechts) freuten sich über die Mitteilung von SP-Stadt-Präsidentin Monika Lacher, dass sie beide als Stadtratskandidaten nominiert worden sind. BILD MICHAEL KESSLER

Die städtische SP geht am 30. August mit Christine Thommen ins Rennen um den frei werdenden Stadtratssitz von Simon Stocker (AL). Die Präsidentin der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde hat sich parteiintern gegen SP-Grossstadtrat Marco Planas durchgesetzt. (Dario Muffler)

Überdurchschnittlich viele Mitglieder der städtischen SP hatten sich an der Nominationswahl ihrer Stadtratskandidaten beteiligt. Das sagte Monika Lacher, Präsidentin der städtischen SP-Sektion, gestern im Konventhaus am Walther-Bringolf-Platz vor den Medien. Insgesamt 140 Stimmen sind eingegangen, das sind 61 Prozent aller Mitglieder der städtischen SP. «Das sind mehr, als üblicherweise zur Parteiversammlung kommen», sagte Lacher. Die Mehrheit dieser SP-Mitglieder votierte für die 42-jährige Christine Thommen, die seit 2013 die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) des Kantons Schaffhausen präsidiert. Sie steigt nun also neben dem amtierenden Stadtpräsidenten Peter Neukomm – der nur wegen eines falsch ausgefüllten Stimmzettels keine 100-Prozent-Zustimmung in der Parteibasis erreicht hatte – ins Rennen um den Stadtratssitz, den Simon Stocker (AL) am Ende dieser Legislatur räumen wird. Den Stadtrat weiblicher machen

15 Stimmen mehr vereinte Thommen auf sich als ihr Mitstreiter Grossstadtrat Marco Planas, der dieses Jahr als erster Vizeprä-sident des Parlaments der zweithöchste Schaffhauser ist. «Man kann also nicht sagen, dass Marco Planas abgeschlagen war», fasste Lacher zusammen. Die knappe Entscheidung führte die Präsidentin darauf zurück, dass sowohl Thommen als auch Planas «hervorragend qualifizierte Personen» für das Stadtratsamt seien.

Eine Rolle für die Wahl von Thommen, so Lacher, dürfte ihr Geschlecht gespielt haben. «Die Basis wollte wohl, dass der Stadtrat weiblicher wird.» Die SP-Frauen etwa hätten sich stark für Thommen eingesetzt.

Thommen wollte ihre Wahl nicht allein darauf reduzieren, dass sie eine Frau ist. «Das mag schon stimmen, dass das eine Rolle gespielt hat», so die Auserkorene. «Aber meine Führungserfahrung dürfte ebenso dazu beigetragen haben.» Dabei erwähnt sie, dass das Sozial- und Sicherheitsreferat, das wohl frei wird, mit rund 500 Mitarbeitenden das grösste Referat sei. «Meine Vernetzung im sozialen Bereich, die ich aufgrund meiner bisherigen Berufstätigkeit habe, haben bestimmt auch geholfen.» Zudem trete sie gern auf, was als Exekutivpolitikerin kein Nachteil sei. «Freude und Respekt»

Die Kesb-Präsidentin sagte, dass sie sich sehr über die Nomination gefreut habe. «Gleichzeitig habe ich gebührenden Respekt – vor dem anstehenden Wahlkampf, aber auch vor dem Stadtratsamt, denn das ist auch mit guter Qualifikation ein anspruchsvoller Job.»

Thommen war von 2008 bis 2012 Mitglied des Grossen Stadtrats. Doch dieses Amt bekleidete sie als FDP-Mitglied, was sie bis 2017 war. Auf die Frage, ob diese liberale Vergangenheit nun ein Vor- oder ein Nachteil sei, antwortete Thommen: «Diese Fra- ge habe ich mir im Nominationsprozess gestellt. Aber ich habe schon immer links gerichtete Vorstösse eingereicht.» Sie sei schlicht nicht in der richtigen Partei gewesen. Ob es im Wahlkampf eine Rolle spielen werde, sei schwierig einzuschätzen.

Dass der Wahlkampf kein Zuckerschlecken werde, darauf wies Neukomm hin. «Wir werden einen guten Wahlkampf machen müssen – auch ich bin noch nicht wiedergewählt.» Er sei aber auch nach 28 Jahren in der Politik kein bisschen amtsmüde.

Zudem bereits bekannt ist, dass neben Neukomm auch Stadtrat Raphaël Rohner (FDP) und Stadträtin Katrin Bernath (GLP) wieder antreten. Die FDP schickt zudem Grossstadtrat Diego Faccani ins Rennen. Ob Finanzreferent Daniel Preisig (SVP) antritt, hängt davon ab, ob er als Regierungsratskandidat nominiert wird.

Nomination Stadtrat und Stadtpräsidium

Peter Neukomm, Kandidat für die Wiederwahl ins Stadtpräsidium und Christine Thommen (neu) für die Wahl in den Stadtrat
(Foto: Dario Muffler/Schaffhauser Nachrichten)

Die SP der Stadt Schaffhausen hat die Nomination für die städtische Exekutive wegen der Corona-Krise in Form einer Briefwahl durchgeführt. Eine erfreulich grosse Anzahl der Stimmunterlagen, nämlich über 60%, sind fristgerecht ans Sekretariat retourniert worden. Der Vorstand der SP Schaffhausen ist über diese aktive Beteiligung sehr erfreut und bedankt sich herzlich bei der Parteibasis für das dadurch ausgedrückte Interesse an den bevorstehenden Wahlen.

Zu Nominieren galt es die beiden Kandidaten für das Stadtpräsidium und für den Stadtrat. Für das Stadtpräsidium stellte sich der bewährte bisherige Stadtpräsident Peter Neukomm erneut zur Verfügung. Mit seiner offenen und ehrlichen Art des Politisierens verschaffte er sich in seiner bisherigen Amtsführung einen hervorragenden Ruf und dies weit hinweg über alle gesellschaftlichen und politischen Grenzen hinaus. Er gilt als lösungsorientiert und engagiert sich mit viel Herzblut für unsere Stadt Schaffhausen. Entsprechend wurde er von der Parteibasis einstimmig zur Wiederwahl nominiert, was ein Abbild seines riesigen Rückhalts in der Partei darstellt.

Zur Nomination für den frei werdenden Stadtratssitz von Simon Stocker haben sich erfreulicherweise zwei hervorragend qualifizierte Parteimitglieder der Basis zur Auswahl gestellt.

Zum einen war dies die 42-jährie Juristin Christine Thommen. Sie war stellvertretende Departementssekretärin und Leiterin der Rechtsabteilung des kantonalen Erziehungsdepartementes Schaffhausen bevor sie vor acht Jahren die Leitung der Kindes und Erwachsenenschutzbehörde Schaffhausen übernahm. Von 2008 bis 2012 war sie zudem als Grossstädträtin für die FDP aktiv. Sie ist langjährige Präsidentin der Kirchgemeinde Buchthalen.

Zum anderen war es der 39 jährige Primarlehrer Marco Planas, welcher seit 2015 als Grossstadtrat tätig. Er hat Publizistik studiert und war Redaktor bei der AZ und Sportreporter für Radio Munot. Er engagiert sich einerseits im Vorstand des VCS für eine ökologische Verkehrspolitik und ist andererseits im Vorstand des Mieterverbandes aktiv.

Die Wahl der Basis fiel auf Christine Thommen. Wir gratulieren ihr herzlich zur Nomination als Stadträtin und wünschen ihr einen erfolgreichen Wahlkampf. Nicht minder herzlich bedanken wir uns bei Marco Planas für die Bereitschaft, diese SP-interne Nomination ermöglicht zu haben.

Die SP Schaffhausen freut sich mit Peter Neukomm und Christine Thommen zwei hervorragend qualifizierte Persönlichkeiten in den Wahlkampf für die Schaffhauser Exekutive schicken zu können und wünscht sich, dass der Stadtrat zukünftig weiblicher wird.

Wie Corona die Arbeit bei der Stadt verändert

Melanie Rüegg vom Blumenladen der Stadtgärtnerei ist nicht im Homeoffice. Im Hintergrund warten grüne Bestellungen auf ihre Abholung. BILD MELANIE DUCHENE

Technische Herausforderungen im Homeoffice, viele klärende Telefonate, ganz neue Dienstpläne und Umverteilung von Arbeitskräften: Die Corona-Krise und die Hygienemassnahmen zeitigen starke Auswirkungen auf den Arbeitsalltag bei der Stadtverwaltung.

Daniel Jung

Seit dem 17. März sind die Verwaltungsgebäude und Schalter der Stadt Schaffhausen für Besucher geschlossen. Von Anfang an betonte der Stadtrat, dass die Dienstleistungen für die Bevölkerung grundsätzlich aufrechterhalten werden. Doch wie funktioniert das? Wir haben bei Stadtpräsident Peter Neukomm nachgefragt. Er hat Rückmeldungen über die Auswirkungen von Corona auf die fast 1300 Mitarbeiter der Schaffhauser Stadtverwaltung eingeholt.

Die Stadtverwaltung wird derzeit nicht mit Anfragen überschwemmt. «Die Kontaktaufnahmen per Telefon und Mail halten sich in Grenzen und können gut bewältigt werden», schreiben die Verantwortlichen. Bei manchen Abteilungen, etwa bei den Einwohnerdiensten, komme es zu vielen Anfragen, und manchmal halte sich das Verständnis, dass man nicht mehr direkt vorbeikommen kann, in Grenzen.

Im Kulturbereich gibt es viele Kundenkontakte wegen Rückerstattungen für abgesagte Veranstaltungen und Umbuchungen. Bei den Bibliotheken ist eine spürbare Zunahme der Neueinschreibungen für die digitalen Angebote zu verzeichnen.

Bei den Kindertagesstätten sind sehr viele Telefongespräche mit besorgten Eltern zu verzeichnen, welche fragen, wie es mit der Betreuung ihrer Kinder weitergeht und wie die Bezahlung dafür geregelt wird, wenn sie ihr Kind zu Hause behalten. Projekte werden vorgezogen

Die Reinigung der Schulhäuser und Turnhallen ist weniger geworden, dafür wird aus Hygienegründen in der Verwaltung öfter gereinigt und der Frühjahrsputz vorgezogen. Aufgrund einer höheren Anzahl an Ausfällen von Mitarbeitenden verteilt sich die Arbeit auf weniger Personen.

Weniger zu tun gibt es beim Sport, da alle Anlagen geschlossen und die Vereinstätig-keiten weitgehend eingestellt sind. Hier sind die Mitarbeitenden derzeit vor allem mit der Frage konfrontiert, wann wieder Normalbetrieb sei – oder auf wann Anlässe verschoben werden sollen.

Bei der Kultur ist die Arbeitslast im administrativen Bereich etwa gleich geblieben, obwohl keine Veranstaltungen stattfinden. «Es müssen Ausfallplanungen, Stornierungen, Umbuchungen, Ersatzplanungen und so weiter vorgenommen werden», schreibt die Stadt. Überall dort, wo es derzeit weniger zu tun gibt, werden Projekte vorgezogen und vorangetrieben, Mehrstunden abgebaut und Ferien bezogen.

Zudem werden auch Arbeitskräfte umverteilt. «Diese Planung ist inzwischen aufgegleist», schreibt die Stadt. Um für mögliche Engpässe gewappnet zu sein, steht elektronisch ein Formular zur Verfügung, in dem Bereichsleitende und Abteilungsleitende die Mitarbeitenden eintragen können, welche freie Kapazitäten haben. «Es gibt bereits erste Umlagerungen», erklärt die Stadt. Insbesondere der Bereich Alter ist darauf angewiesen. «Die interne Solidarität funktioniert zum Glück, was erfreulich ist.»

Denn im Bereich Alter ist die Arbeitslast stark angestiegen. Die ansteigende Zahl an Krankheitsausfällen bei den Mitarbeitenden sorgt zusätzlich für eine Verschärfung der Situation. Im Personaldienst hat die Arbeitslast ebenfalls stark zugenommen. Viele Anfragen müssen innert kurzer Frist beantwortet werden. Das gilt auch für den Rechtsdienst der Stadtkanzlei. Entlastend wirkt dort, dass der Parlamentsbetrieb ruht. Hochbetrieb herrscht derzeit auch bei der Steuerverwaltung. «Viele Steuerpflichtige sind zu Hause und haben Zeit, um die Steuererklärung auszufüllen», schreiben die Verantwortlichen. Herausforderung Homeoffice

Viele Mitarbeiter mit Büroarbeitsplätzen sind derzeit im Homeoffice. Dafür mussten in diversen Bereichen zuerst die technischen Voraussetzungen geschaffen werden. Herausforderungen gibt es beim Homeoffice, wenn Spezialanwendungen wie das Ticketing-System des Stadttheaters daheim nicht funktionieren. Negativ am Homeoffice, so schreibt die Stadt, sei sicher, dass der soziale Kontakt entfällt. «Positiv ist die verstärkte Nutzung digitaler Instrumente.»

Die Betreuung der Lernenden ist im Homeoffice schwieriger. Dennoch haben die Berufsbildner täglich Kontakt mit den Lernenden und geben ihnen Aufträge, welche sie nebst den Schulaufträgen und Online-Unterricht erarbeiten können. Homeoffice ist aber nicht in allen Abteilungen für Lernende möglich. Energieversorgung funktioniert

Nur bedingt möglich ist Homeoffice generell bei der Altersbetreuung und der Spitex. Schwierig oder unmöglich ist es für die Mitarbeiter der KBA Hard und der Entsorgung, der Hauswartungen und Reinigung, der Kinder- und Jugendbetreuung sowie für Arbeiten von SH Power an Netzen und Anlagen, auf Baustellen oder bei Piketteinsätzen. Die Sicherstellung der Energie- und Wasserversorgung funktioniere dank guter Vorbereitung bisher aber problemlos.

Auch sind die Mitarbeiter von Grün Schaffhausen weiter auf den Anlagen und im Wald präsent – unter Einhaltung der Vorgaben des BAG. Der Blumenladen der Stadtgärtnerei ist zwar geschlossen, es können aber weiterhin Blumen bestellt und bestelle Ware abgeholt werden.

Die Einhaltung der Hygienevorschriften bei der Betreuung von Kindern, speziell von Kleinkindern, erweist sich als extrem anspruchsvoll. «Es ist es fast nicht möglich, den vorgeschriebenen Abstand einzuhalten», schreibt die Stadt. Die Beschaffung von zusätzlichem Hygienematerial erfordere viel Geduld und Nerven. Die Einsatzplanung ist erschwert, da auch Fachpersonen und Kitaleitungen krank werden und die angemeldeten Kinder unregelmässig kommen. «Die Verunsicherung der Eltern, aber auch des Personals erfordert sehr viele Gespräche», schreibt die Stadt.

Alles in allem zieht der Stadtpräsident aber ein positives Zwischenfazit: «Insgesamt hat sich der Spezialbetrieb stadtweit unterdessen gut eingespielt.» Neuer Dienstplan bei den VBSH

Auch bei den VBSH arbeiten viele Mitarbeitende der Verwaltung derzeit im Homeoffice. Dennoch ist, je nach Funktion, die zeitweise Präsenz vor Ort nötig.

Mitarbeitende im ­ Fahrdienst müssen die ­Hygienemassnahmen einhalten. Seit letztem Montag gelten für sie komplett neue Dienste aufgrund des Spezialfahrplans.

Auch die Mitarbeitenden in der Technik beachten die Hygienemassnahmen, arbeiten aber im normalen Rahmen weiter.

Surreal, so wenig Menschen zu sehen

Keine Veranstaltungen, fast alle Läden zu: Das Coronavirus macht aus Schaffhausen eine andere Stadt. Stadtpräsident Peter Neukomm sagt, wie er zu einer Ausgangssperre steht – und mit welchen Auswirkungen die Stadt wegen der Krise rechnen muss.

Isabel Heusser im Gespräch mit Peter Neukomm

Herr Neukomm, Sie haben sich am Wochenende in einer kurzen Videobotschaft an die Bevölkerung gewandt. Weshalb?

Peter Neukomm: Aktuell ist das öffentliche und politische Leben stark eingeschränkt. Mir war es wichtig, der Bevölkerung zu zeigen, dass der Stadtrat für die Stadt da ist. Jeder kann seinen Beitrag leisten, damit sich das Coronavirus weniger schnell ausbreitet: indem man zuhause bleibt und die vom Bund empfohlenen Hygienemassnahmen strikt befolgt. Die Lage ist ernst. Ich wollte aber auch zeigen, dass die Stadt in dieser aussergewöhnlichen Situation die wichtigsten Dienste weiterhin anbietet.

Die Verwaltung hat ihre Tätigkeit aber stark eingeschränkt. Mit welchen Auswirkungen?

Neukomm: Bereits Anfang März haben wir den Abteilungsleitern empfohlen, auf die Umsetzung der Hygienemassnahmen zu achten, möglichst auf Sitzungen zu verzichten und Mitarbeitende ins Homeoffice zu schicken. Mitte März haben wir diese Massnahmen dann nochmals verstärkt und auch die Schalter und Verwaltungsgebäude für den Publikumsverkehr geschlossen – zum Schutz unserer Mitarbeitenden. Möglichst viele von ihnen arbeiten nun zuhause. Viele Dienste werden aber auch heute noch aufrechterhalten: unter anderem das Bestattungsamt und das Erbschaftsamt, das Zivilstandsamt, die Sozialhilfe, die Feuerwehr und natürlich die Alterszentren und die Spitex – in diesen Bereichen muss die Arbeit natürlich weitergehen.

Manche Leute befürchten, dass die Grundversorgung, etwa bei der Abfallentsorgung oder dem Strom, bei zunehmender Ausbreitung des Virus zusammenbrechen könnte. Wie ist die Stadt hier aufgestellt?

Neukomm: Bei der Abfallentsorgung sind die Mitarbeitenden weiter im Einsatz, genauso wie bei der Strom-, Gas- und Wasserversorgung von SH Power. Die Personalplanung wurde so angepasst, dass ein Teil der Mitarbeitenden im Homeoffice arbeitet und der andere Teil vor Ort ist. Ziel ist es, dass nicht plötzlich alle Mitarbeitenden eines unerlässlichen Dienstes aufs Mal krank werden. Dies gilt besonders in der Altersbetreuung, wo das Personal sehr exponiert ist. Auch hier haben wir vorgesorgt. Eine Herausforderung ist, wie wir mit den Grenzgängern umgehen, von denen viele im Gesundheitsbereich tätig sind.

Gab es denn Probleme mit Grenzgängern?

Neukomm: Wir haben die Diskussion um Grenzschliessungen genau mitverfolgt. Es kam die Befürchtung auf, dass die Grenzgänger nicht mehr in die Schweiz zur Arbeit kommen können. Wir haben uns dann überlegt, Arbeitsbescheinigungen auszustellen oder für die Grenzgänger Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt zu suchen. Aktuell gibt es aber trotz Einschränkungen noch keine grossen Probleme.

Der Bund hat für die Wirtschaft ein 40 Milliarden Franken starkes Hilfspaket geschnürt, die Schaffhauser Regierung will Wirtschaft und Unternehmen mit 50 Millionen Franken unter die Arme ­greifen. Wie sieht es mit Hilfe vonseiten der Stadt aus?

Neukomm: Die finanziellen Kompetenzen des Stadtrats sind sehr beschränkt – mit 100 000 Franken kommt man nirgends hin. Diese Kompetenzen kann man nicht einfach so aushebeln, weil die Stadtverfassung keine Regelung für ausserordentliche Lagen kennt. Ob und wie finanzielle Unterstützung auf kommunaler Ebene möglich ist, prüfen wir zur Zeit. Die aktuelle Situation ist sehr anspruchsvoll, und deshalb möchte auch der Stadtrat seinen Beitrag leisten. Wir sind dazu in Abklärungen mit dem Kanton, der Wirtschaftsförderung und auch im Gespräch mit unseren befreundeten Städten St. Gallen, Frauenfeld und Winterthur. Wir haben erste Ideen, mehr kann ich aber noch nicht dazu sagen.

Bleiben wir bei den Unternehmen. Nicht nur KMU, auch grosse Firmen ­geraten wegen der Corona-Krise ins ­Schlittern. Welche Auswirkungen hat dies auf die Finanzen der Stadt?

Neukomm: Das ist schwierig zu sagen und hängt stark davon ab, wie lange dieser Ausnahmezustand noch andauern wird, welche Massnahmen der Bund weiter ergreift und ob es tatsächlich zu einer Rezession kommt, wie manche Experten befürchten. Für gewisse wirtschaftliche Player ist die Situation existenzbedrohend. Die Auswirkungen werden wir sicher bei den Steuern zu spüren bekommen, wenn auch mit ein bis zwei Jahren Verzögerung. Möglicherweise müssen wir mit schwerwiegenden Steuerausfällen rechnen, je nach Dauer und Folgen der Pandemie. Die Stadt ist aber zum Glück finanziell recht gut aufgestellt, um dies verkraften zu können.

Noch bis mindestens zum 19. April sind ausser den Lebensmittelläden alle ­Geschäfte geschlossen, Veranstaltungen finden keine statt. Wie erleben Sie ­Schaffhausen in diesen Tagen?

Neukomm: Es ist etwas unheimlich und fast surreal, so wenige Menschen zu sehen, die unterwegs sind. Die Stadt wirkt sehr leer. Ich beobachte auch, dass sich die Leute aus Angst vor einer Ansteckung aus dem Weg gehen. Ich hoffe sehr, dass ich meine Stadt nicht lange so erleben muss.

In den letzten Tagen diskutierte des ­Bundesrat immer wieder über eine ­Ausgangssperre. Ganz vom Tisch ist sie noch nicht. Wie stellen Sie sich dazu?

Neukomm: Das ist eine schwierige Frage. Sagen wir es so: Ich hoffe, dass sich die Leute nun strikt an die Empfehlungen des Bundes halten, sie ernst nehmen und die Ausgangssperre nicht nötig wird. Ich habe Vertrauen in den Bund, dass er die richtige Entscheidungen trifft. Und ich finde es sehr gut, dass er die Massnahmen zentral steuert und es nicht den Kantonen überlässt, sonst wird die Situation schnell unübersichtlich. Das hat man in Deutschland gesehen.

Wie hat sich Ihr Alltag als Stadtpräsident in den letzten Wochen verändert?

Neukomm: Die Entschleunigung hat Vor- und Nachteile. Alles, was nicht Priorität hat, muss liegen bleiben. Ich persönlich mache so viel wie möglich Homeoffice. Aktuell bin ich auch abends viel zuhause, da kaum mehr Sitzungen stattfinden. Für mich ist das eine ungewohnte Situation. Ich kann mir mehr Zeit für meine Familie nehmen und versuche, regelmässig im Buchthalerwald joggen zu gehen, um etwas abzuschalten.

Plötzlich mehr Zeit mit der Familie zu ­verbringen und oft zu Hause zu sein, ist aber auch eine Herausforderung, oder?

Neukomm: Da ich sonst unter der Woche leider zu wenig zuhause bin, ist das für mich keine Strafe. Von unseren drei Kindern lebt noch unser Sohn zuhause. Eine unserer Töchter weilt für mehrere Monate in Mexiko. Wir versuchen, so oft wie möglich in Kontakt mit ihr zu sein. Es geht ihr gut – aktuell ist es wohl sicherer für sie, dort zu bleiben, statt den unsicheren Versuch zu unternehmen, nach Hause zu kommen. Es gibt ja kaum mehr Flüge. Persönlich hoffe ich nun, dass möglichst bald flächendeckende Coronavirus-Tests gemacht werden können. Wie wichtig dies wäre, haben wir eben in unserer Familie erlebt.

Inwiefern?

Neukomm: Unsere jüngere Tochter, die in Chur studiert, hat mit einer Freundin aus Hamburg ein paar Tage das Bündnerland bereist. Diese ist kurz danach positiv auf das Coronavirus getestet worden. Deshalb wollte sich auch meine Tochter testen lassen. Doch das war nicht möglich. Nun befindet sie sich in einer zehntägigen Selbstquarantäne in ihrer WG. Es geht ihr gut. Dennoch hätten wir alle gern gewusst, ob sie angesteckt wurde.

Trotz aller Not: Gibt es auch Positives, das Sie während der Corona-Krise ­beobachten?

Neukomm: Ja, auf jeden Fall. Es laufen sehr viele Initiativen, um Menschen zu helfen – nicht nur von Institutionen, sondern auch von Privaten. Beispielsweise wurden Heimlieferdienste eingerichtet für Menschen, die möglichst zuhause bleiben sollten. Die Leute denken nicht nur an sich selbst, sondern auch an andere. Diese Solidarität finde ich sehr schön. Wir müssen auch an die Mitarbeitenden des Gesundheitswesens denken, die sehr stark gefordert sind. Eventuell sind wir hier bald auf die Unterstützung von Freiwilligen angewiesen, damit die Arbeitslast bewältigt werden kann. So ist die Verwaltung aktuell erreichbar

Zum Schutz der Mitarbeitenden sind die Verwaltungsgebäude und Schalter der Stadt aktuell für den Publikumsverkehr geschlossen. Die Verwaltung ist aber telefonisch und per E-Mail erreichbar. Dringende Behördengänge sind erst nach ­Absprache möglich.